Bochum. . Professor Dr. Günter Ewald gehörte zur Gummistiefelgeneration an der Ruhr-Universität. Von 1973 bis 1975 stand er der RUB vor. Mit Wolf Biermann und Rudi Dutschke erlebte er 1976 Zeitgeschichte live.

Auf ein sehr bewegtes Akademikerleben kann Dr. Günter Ewald zurückblicken. Der Gründungsprofessor der Ruhr-Universität hat sich nicht nur Meriten verdient in seiner Fachrichtung, der Mathematik, sondern darüber hinaus das gesellschaftliche und intellektuelle Leben in der Stadt mitbestimmt.

Am heutigen 1. April feiert ein Mann Geburtstag, dessen Mathe-Lehrbücher heute noch in China gedruckt und gelesen werden, der als Rektor die RUB führte, in dessen Querenburger Haus Liedermacher Wolf Biermann 1976 von seiner Ausbürgerung aus der DDR erfuhr, woraufhin Studentenführer Rudi Dutschke dessen Übernachtungsstelle benutzen konnte, und der nach seiner Emeritierung 1994 viel beachtete Bücher über das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie schrieb.

„Eine enorme Herausforderung"

Sowohl der Bungalow, in dem er ab 1964 als erster berufener Mathematik-Professor wohnte, als auch der Campus waren noch Baustelle, als Ewald aus Mainz nach Bochum kam. Der 1929 in Steinheim am Main (heute Hanau) geborene Wissenschaftler sollte die Mathematik-Fakultät aufbauen. „Eine enorme Herausforderung“, so Ewald. „Ich hatte ja keine Erfahrung mit der Verwaltung“.

Nichtsdestotrotz fühlte er sich wohl mit der Aufgabe und setzte sie auf seine Art um. „Es sollte ja nicht weitergehen im alten Trott. Ich pflegte einen anderen Umgang mit Studenten und Assistenten. Viel lockerer“. Dieser gute Draht verhalf ihm in den unruhigen Jahren nach ‘68 auch zur Wahl als Rektor. Dieses Amt bekleidete er von Oktober 1973 bis Oktober 1975. „Damals habe ich auch das Bochumer Modell in der Medizin heimlich voran getrieben.“

Bereits einige Bücher über Nahtod-Erfahrungen geschrieben

Sein gesellschaftliches Engagement schrieb dann 1976 bundesdeutsche Geschichte. Er selbst überbrachte dem DDR-Liedermacher Wolf Biermann eine Einladung nach Bochum in dessen Ostberliner Wohnung in der Chausseestraße.

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Als Biermann am Dienstag, 16. November 1976, in seinem Haus in Querenburg zu Gast war, erfuhr dieser aus Ewalds Mund von seiner Ausbürgerung. Die Einladung ging zurück auf eine Initiative einer ursprünglich christlich-linken Diskussionsgruppe, die sich im Kohlenkeller des Mathematik-Professors traf und die „Deutsche Frage“ nicht nur den konservativen und bürgerlichen Kräften überlassen wollte. Darin etwa auch Wissenschaftler wie Uwe K. Ketelsen oder Günter Brackelmann.

Seit seiner Emeritierung befasst sich der Wissenschaftler mit religiösen Fragen, hat schon einige Bücher über Nahtod-Erfahrungen geschrieben. Er lebt zurückgezogen in Querenburg, hat vier erwachsene Kinder und erwartet freudig, in den nächsten Wochen mit 85 Jahren erstmals Großvater zu werden.