Bochum. In der Geschichte der Technischen Fachhochschule Agricola in Bochum ist Dr. Claudia Ernst die erste Frau auf einem ingenieurwissenschaftlichen Lehrstuhl. Die gebürtige Gelsenkirchenerin lehrt und forscht in Werkstofftechnik und Werkstoffinformatik. Sie kennt sich in der Männerdomäne bestens aus.
Zum ersten Mal in der fast 200-jährigen Geschichte der Technischen Fachhochschule Georg Agricola hat eine Frau eine ingenieurwissenschaftliche Professur inne. Claudia Ernst, eine gebürtige Gelsenkirchenerin, wurde um Wintersemester 2013/14 berufen, um Werkstofftechnik und Werkstoffinformatik zu lehren und erforschen. Dass sie die erste Frau in einer solchen Position ist, findet sie durchaus „zu spät“ und ist der Meinung, dass „das der TFH schon viel früher gut getan hätte“.
Die Wissenschaftlerin war in ihrem Studien- und Berufsleben immer unterwegs in männerdominierten Umgebungen. Als Maschinenbaustudentin an der Ruhr-Universität ebenso wie später bei Thyssen in Krefeld als Sachgebietsleiterin im Qualitätswesen- wo sie quasi „nebenbei“ ihren Doktor machte - und als Leiterin Forschung und Entwicklung bei den Deutschen Edelstahlwerken in Witten, wo sie weitere zehn Jahre in der Industrie verbrachte. Ihr Vater hatte noch bei der Verkündung des Studienwunsches seiner in Mathematik und Chemie hervorragenden Tochter gefragt: „Wie kommst Du denn darauf?!“ Doch der Erfolg gab ihr Recht.
Für Frauen ist irgendwann Schluss
Nur: „Für Frauen ist da, wo ich dann war, einfach Schluss. Mehr ist da nicht drin. In der Geschäftsführung gibt es praktisch keine Frauen.“ Entsprechend suchte Ernst nach beruflichen Alternativen. Da sie schon Vorlesungen an der Technischen Hochschule an der Herner Straße gehalten und Lehraufträge wahrgenommen hatte, bewarb sie sich erfolgreich auf die freie Professur im Studiengang Angewandte Materialforschung.
Hier eröffnen sich der Wissenschaftlerin mit reichlich Praxiserfahrung vielfältige Perspektiven: das werkstofftechnische Labor im Haus wird ausgebaut und erweitert. Vor allem die Entwicklung und Prüfung metallischer High-Tech-Werkstoffe für Anwendungen vom Maschinenbau bis zur Automobilindustrie stehen auf der Agenda. Daneben tut sich parallel mit der computergestützten Werkstoffsimulation ein neues zukunftsträchtiges Feld auf.
Gute Wellenlänge durch Praxis
Daneben natürlich die Lehre. Wie reagieren die meistens männlichen Studierenden? „Super komme ich mit den Abendstudenten aus, die aus der Praxis kommen“, sagt sie. Durch die Praxis herrsche offenbar schnell eine Wellenlänge. „Die jüngeren Studenten aus dem Tagesbetrieb sind da etwas zurückhaltender“, meint Prof. Ernst. Probleme gebe es aber nirgends.
Ob es eines Tages an der Technischen Fachhochschule genauso viele weibliche wie männliche Lehrende geben wird? „Wenn es denn in zwanzig Jahren soweit wäre, dann wäre das wohl sehr früh“, glaubt Ernst, und lacht. Sehr gut stehen würde das der Traditionshochschule definitiv, findet sie.