Bochum. FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner war zu Gast beim Jahresauftakt der Kreishandwerkerschaft Ruhr in Bochum und sprach zum Thema „Mut zur Marktwirtschaft“. Er forderte vernünftige Investitionen in die Infrastruktur NRWs und kritisierte gleichzeitig die Pläne für den Radschnellweg Ruhr.

Wer weiß, was Johann Phillips wählt. Ob es die FDP ist, mag dahin gestellt sein. Schließlich gilt das Wahlgeheimnis. Aber seine Sympathie zum FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner mochte der Kreishandwerksmeister beim traditionellen Jahresauftakt der Kreishandwerkerschaft Ruhr nicht verhehlen. Dem Festvortrag des Ehrengastes zum Thema „Mut zur Marktwirtschaft“ attestierte der Gastgeber Mut und Geradlinigkeit. Und überhaupt gefiel ihm offenkundig die Wortgewandtheit des neuen liberalen Hoffnungsträgers.

Auf den Mund gefallen sind sie beide nicht, wie man hier im Revier gerne sagt. Wobei der prominente Gast vor großer und namhafter Kulisse, darunter Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD), Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD), die Uni-Rektoren Elmar Weiler und Martin Sternberg und Polizeipräsidentin Diana Ewert, vor allem bei den Themen Selbstverantwortung, individuelle Haftung von Banken statt Absicherung durch Steuergelder, Fortbestand des bestehenden Hochschulrahmengesetzes und damit der Schutz von Lehre und Forschung sowie die Forderung nach besserer Infrastruktur punktete.

Meisterbrief bleibt unverzichtbar

Dass NRW 44 Millionen Euro Bundesmittel nicht abrufen konnte und das Geld in andere Bundesländer floss, weil hierzulande kein hinreichendes Baurecht geschaffen wurde, sei alarmierend. Ebenso die Tatsache, das zugleich eine 100 Kilometer lange, vier Meter breite und nachts beleuchtete Radwegautobahn geplant werde. Lindner: „Unser Land braucht keine Luftschlösser, sondern vernünftige Investitionen in die Infrastruktur.“ Auch dafür erntete er vom Publikum reichlich Applaus.

Wenig hatte der FDP-Spitzenmann zur Region, zur kommunalen Verschuldung und Strukturwandel zu sagen. Einhelligkeit über alle politische Grenzen hinweg unterstellte er mit Blick auf die Forderung von Johann Phillips, die Angriffe auf den Meisterbrief zu bekämpfen. Der, so der Kreishandwerksmeister, „ist ein tragender Pfeiler für die Stabilität der Wirtschaft und unverzichtbar für die duale Ausbildung“.

Fachkräfte statt Theoretiker benötigt

Bei den Fliesenlegern zeige sich bereits eine fatale Entwicklung. Zwischen 2004 und 2013 sei die Zahl der Betriebe zwar von 12.401 auf 67.985 gestiegen; die Zahl der Auszubildenden aber in der gleichen Zeit von 3479 auf 2266 gefallen, die der Meisterprüfungen von 600 auf 86. Nur zwölf Prozent der Firmengründer hätten die Gesellenprüfung abgelegt. 81,4 Prozent fehle eine fachspezifische Qualifikation. „Das ist die bittere Realität.“

Einmal mehr brach Phillips zudem eine Lanze für die Ausbildung im Handwerk bzw. die duale Ausbildung. Abitur und Studium seien keine Garantie für einen Arbeitsplatz. „Theoretiker gibt es genügend. Wir brauchen qualifizierte Fachkräfte für den produktiven Bereich.“