Bochum. Michael Schultheis hat genau nachgemessen. 30 Zentimeter ragt die Bordsteinkante schräg in die Fahrbahn hinein. Eine fiese Falle, in die der 49-Jährige mit seinem Firmenwagen tappte. Die Reparatur der Kratzer kostet knapp 800 Euro. Doch das kratzt die Stadt Bochum gar nicht.

Regelmäßig besucht Michael Schultheis seine Mutter an der Gilsingstraße. Dass das Wurzelwerk der Straßenbäume manche Randsteine angehoben und verschoben hat, ist ihm schon früher aufgefallen. Dass der Bordstein vor dem Haus Nr. 17 aber derart herausragt, „habe ich vorher nicht bemerkt“.

Im August passiert es. Der Vertriebsingenieur parkt seinen weißen Dienst-BMW rückwärts vor dem Haus seiner Mutter ein. Plötzlich ein hässliches Krrrrrrrrk: Die Spitze des Randsteins bohrt sich in den rechten Schweller. Auf 15 Zentimetern ist der Lack ab. Auf 793,88 Euro beziffert eine Fachwerkstatt die Reparaturkosten.

Regelmäßige Kontrollen

Den Kostenvoranschlag schickt Michael Schultheiß ans Tiefbauamt – versehen mit der freundlichen Bitte um Übernahme. Für den Stiepeler ist klar: Die Stadt trägt die Verantwortung. „Es kann und darf nicht sein, dass ein Bordstein durch Wurzelwerk zu einer Gefahr für den Straßenverkehr wird.“

Zehn Bürger fordern Schadensersatz

Die teilweise maroden Straßen und Gehwege führen nur vereinzelt zu Bürger-Klagen.

Aktuell meldet die Stadt drei laufende Verfahren zu Schäden durch Schlaglöcher. Insgesamt gingen 2013 bisher zehn Schadensersatzforderungen ein.
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In diesen Tagen traf die Antwort aus dem Rathaus ein. Das Rechtsamt weist den Schadensersatzanspruch „als unbegründet zurück“. In festen Abständen würden Kontrollen aller Straßen und Gehwege vorgenommen. Sehr wohl habe die Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht auch auf der Gilsingstraße genügt. Am 29. Juli sei hier die letzte Begehung erfolgt: zwölf Tage vor dem Unfall von Michael Schultheis. Der hervorstehende Bordstein stelle „keine zu beseitigende Gefahrenstelle dar. Im Bereich von Straßenbäumen ist mit derartigen Verschiebungen von Bordsteinen immer zu rechnen“, so die Stadt.

Fachanwalt sieht gute Chancen

Der letzte Absatz macht Schultheis besonders wütend: Er habe „bei Beachtung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt die Verschiebung des Bordsteins erkennen“ und den Schaden verhüten können. „Heißt so viel wie: selbst in Schuld“, grollt der Leser.

Schultheis wehrt sich. Erstens: weil die Pkw-Versicherung der Firma 1000 Euro Selbstbeteiligung vorsieht. Zweitens: weil er Unrecht erkennt. Zurecht, wie Til Heene betont. Der Fachanwalt für Verkehrsrecht sieht gute Chancen, die Stadt zur Kasse zu bitten. Zwar habe es die vorgeschriebene Kontrolle offenbar gegeben. Ein derartiger Mangel hätte dabei aber unbedingt festgestellt und beseitigt werden müssen. Dem Fahrer die Schuld zu geben, sei fragwürdig. Heene: „Eine Klage ist nicht aussichtslos.“