Bochum. Die Baugenossenschaft Bochum eG ist schockiert: In Häusern, die sie erst Ende 2012 saniert hatte, wurde zu viel Formaldehyd gemessen. Schuld ist wohl der bei der Sanierung benutzte Dämmstoff. 1110 Mikrogramm waren in einem Kubikmeter Luft - das Zehnfache des Unbedenklichen.

„Der Schock sitzt erstmal tief“, räumt Oliver Krudewig, Vorstand der Baugenossenschaft Bochum eG, ein. Die Fakten sprechen für sich: 1110 Mikrogramm Formaldehyd wurden in einen Kubikmeter Luft unter einem Dach gemessen, das Ende 2012 mit einen Dämmstoff saniert wurde: Das Zehnfache des Unbedenklichen. Als „sichere Konzentration“, dem Wert bis zu dem Unbedenklichkeit unterstellt wird, gelten 120 Mikrogramm je Kubikmeter Luft, so der eingeschaltete Gutachter Hans Tretter von der Firma UCL: „Einen rechtsverbindlichen Grenzwert gibt es nicht.“

Eine zu hohe Formaldehyd-Konzentration reizt die Schleimhäute, sorgt für Jucken und Augenbrennen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat den Wert von 120 Mikrogramm/m³ festgelegt, der den Werten des Bundesgesundheitsamts von 1977 und dem des Bundesinstituts für Risikobewertung entspricht.

Zugang zu 30 Dächern gesperrt

Nachdem der Gutachter am Freitag um 10 Uhr mit dem Zwischenbericht schockte, stimmte sich die Baugenossenschaft mit dem Gesundheitsamt Bochum ab. Kurz darauf wurde der Zugang zu 30 Dächern gesperrt, die im November/Dezember 2012 mit Dämmschaum versehen worden waren.

Edgar Jablonski, der in einem der dachsanierten Häuser in der Frederikastraße wohnt, hatte den Ball ins Rollen gebracht. Auch er war gestern geschockt. Erst beim Anruf unserer Zeitung erfuhr er, dass die Zugangstür zum Dach mit einen Info-Schreiben versehen und geschlossen war. Im Kinderzimmer seiner Tochter hatte der Mieter am Donnerstag noch die vierfache Überschreitung der 120-Mikrogramm-Grenze gemessen.

Hersteller versichert Unbedenklichkeit des Dämmstoffs

Wenig beruhigend ist für die Wohnungsbaugenossenschaft, dass bei der Messung unter einem vor vier Jahren gedämmten Dach noch 125 Mikrogramm/m³ Formaldehyd festgestellt wurden. Insgesamt 60 bis 70 Dächer seien in den letzten Jahren mit dem Dämmstoff saniert worden, der so extrem ausgast. „Es werden weitere Prüfungen stattfinden“, kündigte Krudewig am Freitag an. Mit dem Hersteller des Dämmstoffs sei man im Kontakt. Der versichere nach wie vor die Unbedenklichkeit. Krudewig. „Es liegt ein wirtschaftlicher Schaden vor.“ Gutachter Tretter hat in dieser Woche eine Probe des Dämmstoffs genommen, um sie zu messen.

Ungeachtet der Frage möglicher Schadensersatzforderungen, so Krudewig, stünden die „Mieter als Menschen im Vordergrund: „Es wird definitiv in Wohnungen gemessen werden.“ Brigitte Gade, Aufsichtsratsvorsitzende der Wohnungsbaugenossenschaft: „Wenn es notwendig sein sollte, dann müssen die Dächer neu saniert werden.“