Bochum. Der Bochumer Krimiautor Reinhard Junge hat den Krimi „Achsenbruch“ geschrieben. Ein Interview über Ähnlichkeiten und Lokalkolorit.
Ein Fraktionschef Dieter Flessek, ein Polizeipräsident Elmar Flenner oder die TV-präsenten Streifenpolizisten Larry und Lotto gehören zum Personal von Reinhard Junges neuem Krimi „Achsenbruch“, der mit einer Bombenexplosion vor dem Haus der Bochumer Oberbürgermeisterin Irmhild Sonnenschein beginnt... Dass bei solchen Namen, Vorfällen und deftigen Zuschreibungen bei so manchem Leser etwas „klingelt“, nimmt der Autor gerne in Kauf. Die WAZ sprach mit dem bekannten Bochumer Krimischreiber.
Woher nehmen Sie ihre Stoffe?
Reinhard Junge: Man muss nur die WAZ zur Hand nehmen, da findet sich schon auf den ersten drei Seiten genügend Material. Ich finde etwa das Thema „Verschwendung kommunaler Mittel“ sehr spannend. Das ist im Ruhrgebiet ein dankbares Thema. Außerdem schnüffele ich schon mal herum, gehe auf Homepages und ähnliches. Da lassen sich Details finden.
Bekommen Sie manchmal Ärger, weil sich Leute wiedererkennen?
Junge: Ist doch alles erfunden (Junge grinst und zündet sich eine Roth-Händle an). Nein, natürlich. Der Lokalpolitiker Heinz Hossiep soll - so ein Gerücht - mal gedroht haben, mich verhaften zu lassen. Ist aber nicht passiert. Eine Kollegin im Schuldienst hat mal drei Jahre nicht mehr mit mir gesprochen. Eine andere, bei der ich mir Sorgen machte, sagte aber: „So eine schöne Satire!“. Grundsätzlich finde ich, wenn sich die Richtigen ärgern, ist das in Ordnung.
Kneipen gingen Pleite
Es lassen sich viele Orte wiedererkennen, wie wichtig ist das?
Junge: Ich brauche das. Ich muss mir das konkret vorstellen können. Allerdings sind die meisten Kneipen, über die ich geschrieben habe, Pleite gegangen. Ich kenne da aber die Zusammenhänge nicht. Nur wenige Schreiber kommen ganz ohne Orte aus. Man muss aber aufpassen, keine Heimatromane zu schreiben. Aber die skandinavischen Krimis werden trotz ihres Lokalkolorits ja auch nicht als Regionalkrimis wahrgenommen.
Ihren Lesern gefällt das offenbar.
Junge: Ja, die lesen sehr genau. Bei einer Lesung verloste ich kürzlich als Preis eine Rolle im nächsten Roman. Die Frage war superschwer: „Von welchem Auto träumte meine Hauptfigur einst?“. Ein Zuhörer wusste es sofort: „Honeckers letzter Volvo“. Es war ein Kommissar aus Dortmund. Er will aber nicht mitspielen.
Wo sehen Sie ihre Krimis stilistisch. Klassisch hardboiled?
Junge: Definitiv nicht. Seit Mitte der 80er Jahre schreiben Leo P. Ard, Werner Schmitz und ich sozialkritische Krimis mit satirischen Elementen. Schmitz hat mal sehr richtig gesagt, dass man beim Krimischreiben immer an den Punkt kommt, an dem man sich entscheiden muss zwischen Heulen oder Pathos.
Blutbad in Arnsberg erwartet
Wie lange haben Sie an „Achsenbruch“ gearbeitet?
Junge: Ziemlich lange. Immer mal wieder, aber nicht kontinuierlich. Jetzt als Rentner habe ich das fertig geschrieben.
Gehen Sie als Schreiber auch in Rente?
Junge: Nein, ich habe noch eine ganze Reihe Ideen. Auch bei meinen Hauptfiguren gibt es ja schon eine neue Generation, die sich immer mehr in den Vordergrund spielt. Im nächsten Buch wird dann vermutlich ein Blutbad in der Schulverwaltung in Arnsberg angerichtet. Darauf können sich einige Leute schon freuen.