Essen/Bochum/Moers/Düsseldorf/Köln. . Gut eine Woche nachdem das verschärfte Rauchverbot in NRW in Kraft getreten ist, zeigt sich: Die wirkliche Belastungsprobe kommt wohl erst noch. Wenn das Wetter schlechter wird. Ordnungsämter rechnen oder setzen gar auf Denunzieren. Der Gaststättenverband setzt unterdessen auf Pragmatismus.

Für den Leiter des Kölner Ordnungsamtes sind es "sachliche Hinweise". Kritiker sehen es als Aufruf zum Denunzieren. Auch mit einem Online-Beschwerdeformular bittet die Stadt Köln um Hinweise aus der Bevölkerung bei Verstößen gegen das Nichtraucherschutzgesetz. Das ist seit 1. Mai in NRW verschärft und untersagt das Rauchen in Discos, Gaststätten, Spielhallen oder Festzelten. Wenn dennoch dort wer raucht? Sehen sich Menschen genötigt, das den Behörden zu melden. Drei solcher "sachlicher Hinweise" hat man im Ordnungsamt der Stadt Köln bereits am vergangenen Freitag gezählt. Amtschef Robert Kilp versichert: "Wir gehen jedem Hinweis nach".

So werde ein Wirt aus der Kölner Südstadt in den nächsten Tagen zu einem "Gespräch" ins Ordnungsamt eingeladen, "bei dem wir ihm das Nichtraucherschutzgesetz ausführlich erklären", sagt Kilp. Grund dafür war ein Vorfall vor wenigen Tagen, berichtet Kilp: Der Wirt der Eckkneipe "Café Terrarium" in der Südstadt hatte einen Nichtraucher vor die Tür gesetzt, weil der sich über rauchende Gäste im Lokal beschwert hatte. Nach dem 1. Mai.

Rauchverbot - wenn Wirte Gäste gängeln müssen

Seit knapp einer Woche ist das verschärfte Rauchverbot in NRW nun in Kraft. In der Bochumer Großdisco "Prater" sieht sich Thorsten Scheibe aus der Geschäftsführung in seinen Befürchtungen bestätigt: "Es bleiben Gäste weg". Auch in seinem Hause habe es bereits Denunziationen durch Gäste gegeben. Scheibe empfindet das Rauchverbot als Gängelung. Zudem gehe "die Atmosphäre verloren", weil Gruppen "auseinandergerissen werden", wenn sich die Raucher auf den Weg in einen der beiden Außenbereiche machten, in denen jetzt gequalmt werden darf.

Die gleiche Beobachtung macht Ulrich Weber, Geschäftsführer der Moerser Diskothek "PM". "Ein Raucher zieht oft weitere Personen mit nach draußen". Das sei auch problematisch für die DJs, sagt Weber: "Dann ist die Tanzfläche plötzlich nicht mehr voll". Und es schadet dem Umsatz. Unangenehm sei zudem, "dass unser Personal Gäste, die sich im Innern eine Zigaretten anzünden, maßregeln und nach draußen schicken muss". Webers größte Sorge ist, "dass Gäste jetzt vermehrt in Off-Locations feiern", wo das Rauchverbot nicht kontrolliert werde. Thorsten Scheibe in Bochum hofft darauf, "dass sich die Dinge einpendeln": Das Nichtraucherschutzgesetz betreffe schließlich alle in der Gastronomie.

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Nichtraucher als Zielgruppe für einstige Raucherkneipen

Beim Gaststättenverband Dehoga Nordrhein möchte Geschäftsführer Christian Jäger nach vorne schauen: "Mit dem Gesetz müssen wir nun leben", sagt Jäger, der auch Chef der Dehoga Akademie ist. Statt nun weiterhin gegen das verschärfte Nichtraucherschutzgesetzt zu wettern und der rot-grünen NRW-Landesregierung den "Tod der Kneipenkultur" vorzuwerfen, setzt man beim Dehoga auf pragmatische Konzepte und hat ein erstes Seminar im Angebot. Titel: "Unternehmerischer Umgang mit dem Rauchverbot". Das Interesse unter Gastronomen sei aber noch gering, sagt Jäger: "Wir haben erst vier Anmeldungen".

Für Jäger jedenfalls "hat auch die Eckkneipe noch eine Zukunft". Wenn es den Wirten dort gelingt, nun "gezielt Nichtraucher anzusprechen". Die hätten um klassische Kneipen bis dato einen weiten Bogen gemacht, "weil sie sie als Raucherlokal kannten". Doch die Raucher müssten jetzt ja vor dem Lokal stehen.

Wir müssen draußen bleiben: Seit dem 1. Mai gilt in NRW ein verschärfter Nichtraucherschutz. (Foto: WP)
Wir müssen draußen bleiben: Seit dem 1. Mai gilt in NRW ein verschärfter Nichtraucherschutz. (Foto: WP)

Dass das noch Konfliktstoff liefern dürfte, erwartet man auch in so manchen Ordnungsämtern, wie etwa in Essen, sagt Stadtsprecher Stefan Schulz: "wenn es zu laut ist vor der Tür". Noch aber werden in den meisten Kommunen keine Bußgelder verhängt. "Der Mai ist noch Kulanz-Zeit", sagt etwa Annika Vößing aus der Pressestelle der Stadt Bochum. In Düsseldorf wurde am Wochenende allerdings bereits ein Altstadt-Wirt verwarnt, zu 300 Euro Geldbuße, heißt es bei der Stadt. Wer sich dort beschweren will, kann den kommunalen Ordnungsdienst per Telefon-Hotline erreichen. Bis 1.30 Uhr in der Nacht sind die 150 Einsatzkräfte an und vor Wochenenden und Feiertagen auf Tour.