Bochum. . Kaltblüter Don Pedro (940 Kilo schwer) zieht jetzt die Stämme von frisch gefällten Bäumen aus Bochums Wald. Die Stadt hat das Pferd und seinen Halter Udo Berner engagiert, um den Einsatz von schweren Fortschlepper-Maschinen auf weglosem Waldboden zu vermeiden.
Don Pedro ist ein richtiger Kaventsmann. Das 20 Jahre alte Pferd - ein rheinisch-westfälisches Kaltblut - wiegt 940 Kilo und hat so viel Kraft, dass es bis zu anderthalb Tonnen Holz aus dem Wald ziehen kann. Das ist auch seine Aufgabe, denn Don Pedro ist ein speziell ausgebildetes Holzrücke-Pferd. Sein derzeitiger Einsatzort ist der Wald am Tippelsberg in Bochum. Seine Aufgabe ist es, die Stämme von frisch gefällten Bäumen aus dem weglosen Gelände zu den Waldwegen zu schleifen. Dort laden dann schwere Forstschlepper-Maschinen das Holz auf und transportieren es ab.
Das Pferd ist sanfter als die Maschine
Seit Anfang der Woche schuftet Don Pedro aus dem westfälischen Ahaus zusammen mit einem anderen, nicht minder stattlichen Artgenossen in dem Waldstück rund um die Berger Mühle. Ihr beider Chef ist auch dabei. Er heißt Udo Berner, ist 58 Jahre alt und ein Mann wie ein Baum. „Ein alter Waldschrat“ sei er, sagt er mit kräftiger Stimme und einer Selbstironie, wie sie nur Leute mit kerngesundem Selbstbewusstsein haben. Mit kräftigen Handgriffen und knackig-kurzen Befehlen dirigiert er Don Pedro über den tückischen, von Totholz durchsetzten Waldboden wie ein Bergführer seinen Schützling über einen spaltenreichen Gletscher. Jeder falsche Schritt kann einen Knochen entzwei brechen.
Berner arbeitet im Auftrag der Stadt Bochum. Stadtförster Marcel Möller hatte die Idee, die Stämme von frisch geschlagenen Bäumen nicht mehr wie seit den 60er-Jahren üblich mit sperrigen Forstmaschinen aus dem Wald zu ziehen, sondern wie in grauer Vorzeit mit Pferden. Das traditionelle „Holzrücken“ mit den Tieren sei ökologisch und auch ökonomisch sinnvoll. Anders als die schweren - und teuren -Maschinen würden die Tiere den Waldboden schonen und auch nicht so viele Schäden am Baumbestand hinterlassen. Für ein Pferd muss auch nicht extra eine Baumgasse freigesägt werden, wie sie für eine Maschine erforderlich wäre. „Wir nutzen die alten klassischen Holzrücke-Methoden mit Pferd und verbinden dies mit dem modernen Rückemethoden mit Forstschleppern.“ Nötig sei das Baumfällen, „um dem Waldbestand mehr Licht und Luft“ zu geben.
Beruf in sechster Generation
Udo Berner übt seinen Beruf schon in sechster Generation aus. Weil Holzrücken alles andere als ungefährlich ist, hat er schon 40 Pferde selbst ausgebildet, auch Don Pedro. „Du musst ein Pferd haben, das todsicher ist.“ Gerade an Steilhängen müsse es selbst entscheiden können, welcher Weg der richtige sei. Gleichzeitig muss Berner aber zum Beispiel auch darauf achten, dass sich das Pferd nicht im Zugstrang verheddert oder ein Stamm hochschnellt, weil er irgendwo gegenknallt. Beide, Mensch und Tier, müssen voll konzentriert sein. „Das muss ein 1000-prozentiges Team sein.“ Absolutes Vertrauen ist das Schmiermittel dieser Partnerschaft.
Insgesamt rund drei Wochen malochen die beiden jetzt im Wald am Tippelsberg. Bis zu acht Stunden am Tag ist Don Pedro einsatzfähig; abends geht es wieder zurück nach Ahaus. Ein Kaltblut, sagt Berner, „ist ein Waldpferd“. Es möchte beschäftigt sein. „Wenn der eine Woche im Stall oder auf der Koppel steht, ist er unzufrieden.“ Wer Leistung bringt, braucht auch gutes Futter: Morgens, mittags und abends gibt’s Müsli. Und Bananen für die Muskeln.
Rund neun Prozent der städtischen Fläche in Bochum ist Waldgebiet - rund 1080 Hektar. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Waldfläche in Bochum ungefähr verdreifacht. Das Holz verkauft die Stadt an die Industrie, die zum Beispiel Spanplatten herstellt.
Ob der Holzrücker bald auch in anderen Wäldern Bochum seine Spuren zieht, ist noch unklar. Wenn ja, dann aber erst im Herbst. Udo Berner hat Aufträge auch von vielen anderen deutschen Städten.