Bochum. In einem Schreiben des Fachzentrums für Hilfsmittel der Knappschaft wurde der Bochumer Apotheker Stephan Müller aufgefordert, restliche medizinische Hilfsmittel bei den Angehörigen eines verstorbenen Patienten zurück zu holen. Für den Betreiber der Bahnhof-Apotheke eine “Pietätlosigkeit“.
Stephan Müller nennt das Ansinnen der Knappschaft schlicht und ergreifend eine „Pietätlosigkeit“: Mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 hatte das „Fachzentrum für Hilfsmittel“ der Kasse nämlich den Apotheker aufgefordert, restliche medizinische Hilfsmittel bei den Angehörigen eines verstorbenen Patienten zurück zu holen.
Müller, der die Bahnhof-Apotheke in Dahlhausen betreibt, traute seinen Augen nicht: „Ich stelle mir gerade vor, wenn da jemand bei den trauernden Angehörigen steht und mit einem Schreiben von mir um die Herausgabe von Windeln bittet. Ich bin der Meinung, dass ein solches Gebaren einer Krankenkasse unwürdig ist.“
Zu viel Lauferei
Der Einzelfall betrifft das Schicksal eines 80jährigen Mannes, der an Inkontinenz litt und deshalb medizinische Hilfsmittel brauchte, vor allem Windeln. Seine Krankenversicherung - die Knappschaft - zahlt dafür eine Monatspauschale, die der jeweilige Apotheker mit der Kasse abrechnet. Apotheker Müller: „Nach Genehmigung durch die Kasse stehen, unabhängig vom Bedarf des Versicherten, knapp 29 Euro monatlich für die Versorgung zur Verfügung. Braucht der Versicherte mehr, muss er draufzahlen, sprich: sich die fehlende Menge selbst kaufen.“
Alle drei Monate rechne die Apotheke das mit der Knappschaft ab. Das Malheur: „Es ist gängige Praxis, am Anfang eines neuen Abrechnungszeitraum die Versicherten mit einem 3-Monatsbedarf zu versorgen und das Ganze auf einem Rezept abzurechnen, ansonsten hätte der Versicherte drei mal so viel Lauferei und die Kasse drei mal soviel Papieraufwand.“
Risiko des Apothekers
Müller: „Verstirbt der Versicherte innerhalb des Zeitraumes, wird mir die Rechnung gekürzt, um den Zeitraum, in dem der Versicherte bis zur nächsten Abrechnung nicht mehr gelebt hat. Begründung: Man könne sich ja das zu viel Gelieferte an Ware bei den Angehörigen zurückholen.“
Die Knappschaft erklärte auf Nachfrage der WAZ, es handele sich um ein standardisiertes Schreiben, das schon seit zwanzig Jahren verschickt werde. Dabei gehe es in erster Linie um das Zurückholen ausgeliehener Hilfsmittel wie Rollstühle und Pflegebetten. man werde diese „automatische“ Mitteilung jetzt neu formulieren. Sinn des Schreibens sei auch, die Apotheken, die als Service die Hilfsmittel den Kunden nach Hause senden, zu informieren, ab wann das nicht mehr nötig sei. Im übrigen sei die Erstattung vertraglich zwischen Knappschaft und dem Apothekerverband festgelegt. Wenn ein Apotheker für einen Kunden, der zwischenzeitlich stirbt, in Vorlage getreten sei, sei dies sein Risiko.