Bochum. . In einem zwei Seiten langen Brief teilte die Knappschaft Bahn See einem Bochumer Apotheker mit, dass seine Abrechnung über Kompressionsstrümpfe um 1 Cent gekürzt wurde. Den Aufwand der Kasse für diese Aktion kritisiert der Apotheker als Geldverschwendung.

Da wunderte sich der Bochumer Apotheker Fritz Düssel von der Kirchviertel-Apotheke an der Brenscheder Straße aber sehr: In einem zweiseitigen Schreiben teilte ihm die Knappschaft Bahn See mit, dass die von ihm eingereichte Rechnung über Kompressionsstrümpfe in Höhe von 50, 91 Euro korrigiert werden musste. Auf 50, 90 Euro - mithin um 1 Cent.

Eine „Rezeptkürzung“ wegen 0,01 Euro vorzunehmen, sprenge den Rahmen der Verhältnismäßigkeit, fand der Apotheker. Der dafür von der Knappschaft vorgenommene Bearbeitungsaufwand sei für jeden nachvollziehbar nichts anderes als pure „Geldverschwendung“.

Den Brief als "gegestandslos" betrachten

„Es kann sich nur um ein Versehen handeln. Um ein absolutes Versehen“, sagte Claudia Müller, Pressesprecherin der Knappschaft, dazu auf Nachfrage der WAZ. „Das ist wirklich lächerlich, eine Lachnummer. Dafür können wir uns nur entschuldigen.“ Den Brief solle der Apotheker daher als „gegenstandslos betrachten“.

Wie Müller zum Thema „Rezeptkürzung“ erläuterte, gehen alljährlich bei der Knappschaft rund zwölf Millionen Rezepte „über den Tisch“. Bei einer derartigen Menge würde nur „stichprobenartig“ geprüft, ob eine Rezeptkürzung angebracht sei. Als Beispiel nannte Müller „Verstöße gegen Rabattverträge“. Die lägen etwa dann vor, wenn der Apotheker dem Kunden ein bestimmtes Medikament aushändigt, obwohl die Krankenkasse des Kunden mit dem Hersteller eines anderen Medikaments mit denselben Wirkstoffen einen Rabattvertrag abgeschlossen hat.

Kassen sparen in NRW jedes Jahr Millionen Euro durch Rezeptkürzung 

Was die Knappschaft jedes Jahr durch derlei Rezeptkürzungen an Geld spart und wie groß die Zahl der beanstandeten Fälle ist, will die Kasse allerdings nicht bekanntgeben, es sei eine Art Betriebsgeheimnis mit Blick auf die Mitbewerber.

„Wenn wir alle Kassen in NRW nehmen, sind das jedes Jahr sicher Millionenbeträge“, umriss Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nord-West, immerhin die Größenordnung der monierten Beträge. Und: „Die Kontrolle lohnt sich in jedem Fall.“

Die Krankenkasse streckt das Geld vor

Das Verfahren erläuterte er so: „Die Apotheke schickt die Abrechnung an die Krankenkasse. Die zahlen erst einmal. Erst danach wird geprüft, damit die Apotheke nicht so lange auf ihr Geld warten muss. Dann wird jede Abrechnung angesehen.“ Zu den Fehlern, die dabei festgestellt werden, zählte die schon erwähnte versehentliche Abrechnung eines Medikaments, für das es im jeweiligen Fall keine Rabattverträge gebe. Es sei denn, der behandelnde Arzt hätte ausdrücklich auf seine „Therapiehoheit“ und damit auf ein bestimmtes Medikament bestanden.

Komme es zur Beanstandung, so der AOK-Experte, „werden die Fehler meist partnerschaftlich besprochen und korrigiert“. Anders sei es jedoch, wenn sich erweise, dass keine Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz im Spiel gewesen sei. Kuschel: „Dann lösen wir das partnerschaftlich oder per Staatsanwalt.“