Witten. . Beim Beachvolleyball bekam Vivian Rüger (11) Sand ins Auge, der sich nicht wieder lösen wollte. Sofort machten sich die Eltern der Elfjährigen auf den Weg in das Langendreer Knappschaftskrankenhaus. Doch dort wurde die junge Notfall-Patientin abgewiesen.
Es war ein schöner Kindergeburtstag - bis Vivian beim Beachvolleyball Sand ins Auge spritzte, der sich nicht wieder lösen oder ausspülen lassen wollte. Jeder Wimpernschlag wurde zur Qual. Nur gut, dass ihre Eltern Stefan (41) und Kornelia Rüger (38) in der Nähe waren und gleich helfen konnten. „Ich wusste von einer früheren Behandlung, dass es am Knappschaftskrankenhaus in Langendreer einen Augenarzt gibt.“ Dort fuhren die Rügers mit ihrer Tochter hin - und fielen aus allen Wolken. „Der Pfleger in der Notaufnahme hat sich das Kind kaum angesehen und uns sofort abgewiesen. Wir sollten einen augenärztlichen Notdienst aufsuchen. Einen Arzt haben wir gar nicht erst zu Gesicht bekommen.“
Schmerzen ließen nicht nach
Inzwischen war es 20.30 Uhr, die Schmerzen bei Vivian ließen nicht nach, „da sind wir zur Hauptfeuerwache an der Dortmunder Straße gefahren. Ein Feuerwehrmann hat sich für uns sehr viel Zeit genommen, schließlich den diensthabenden Augenarzt gefunden und dort auch gleich für uns angerufen.“
Erst um 22 Uhr saß Vivian Rüger dann in Hagen-Haspe bei Dr. Florian Scharf in der Praxis, der ihr Augenlid betäubte und das Auge fachgerecht reinigte.
„Das Mädchen war bei mir richtig“, sagt der Facharzt, der in dieser Nacht für den Bereich „Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen“ Notdienst hatte. Vermutlich sei das Krankenhaus nicht verpflichtet gewesen, eine Behandlung durchzuführen, „aber das gebietet doch die ärztliche Ethik, wenn ein Notfall gekommen ist. Ob behandelt wird, liegt im Ermessen des Chefarztes, und mein früherer Chefarzt hätte so etwas nie zugelassen.“
"Dem Krankenhaus seien die Hände gebunden"
Doch dem Krankenhaus seien die Hände gebunden gewesen, so Bianca Braunschweig, Sprecherin der Klinik. „Wir mussten das Kind leider abweisen. Es gibt eine Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Bereich Bochum/Herne, dass wir Patienten abweisen und zu niedergelassenen Ärzten schicken müssen. Wir sind selber über diese Regelung unglücklich, die 2012 von der KV getroffen wurde.“ Sowohl in der Eingangshalle des Krankenhauses als auch in der Notaufnahme liege eine Liste aller Notdienst habenden Ärzte vor. Bianca Braunschweig: „Ich kann verstehen, dass die Eltern in der Aufregung die Liste nicht gesehen haben. Es ist insgesamt eine unglückliche Situation.“
Oder aber, wie Dr. Scharf sagte: „Eine Frage der ärztlichen Ethik.“