Bochum. . Durch den jüngsten Skandal an der Uni-Klinik Leipzig wird die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland nochmals zurückgehen. Das befürchtet Prof. Dr. Richard Viebahn, Leiter des Transplantationszentrums am Knappschaftskrankenhaus Langendreer.

Wie zuvor in Göttingen und Regensburg sollen Ärzte im Leipziger Transplantationszentrum Krankenakten manipuliert haben, um die Chancen von Patienten auf eine Spenderleber zu erhöhen. Noch sei nicht exakt zu ermitteln, in welchen Maße sich die bekannt gewordenen Betrugsvorwürfe an den drei Kliniken auf die Spendenbereitschaft der Deutschen auswirken. „Ich meine aber zu erkennen, dass wir schon 2012 bundesweit acht bis zehn Prozent weniger Spenderorgane hatten“, erklärte Prof. Viebahn im Gespräch mit der WAZ. Es sei damit zu rechnen, dass die Vorkommnisse in Leipzig das Vertrauen der Menschen in die Transplantationsmedizin weiter erschüttern.

„Das Misstrauen ist gestiegen. Es besteht die Gefahr, dass wenige betrügerischere Einzelfälle das komplette System infrage stellen“, hatte Peter Lang, Abteilungsleiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA), schon zuvor bei einer Info-Veranstaltung der Ruhr-Universität gewarnt. Finden sich noch weniger Spender, sind noch längere Wartezeiten (aktuell sieben Jahre) und dadurch noch mehr Tote zu erwarten.

„Dadurch gäbe es kein einziges Spenderorgan mehr“

Die Forderung von Patientenschützern, die Hälfte aller 47 deutschen Transplantationszentren zu schließen und damit einen schädlichen Wettbewerb zwischen den Kliniken zu vermeiden, lehnt Prof. Viebahn ab. Das Spendersystem in Deutschland funktioniere gut, die Kontrollen seien ausreichend.

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„Der eigentliche Skandal war und ist, dass wir viel zu wenig Spenderorgane haben. Uns sterben Patienten unter den Händen weg. Erst dieser gravierende Mangel hat den Manipulationen den Boden bereitet“, bekräftigt Prof. Viebahn. Zwar wäre eine Konzentration auf weniger Zentren jederzeit möglich. „Manipulationen wären aber auch dann nicht gänzlich auszuschließen. Und: Dadurch gäbe es kein einziges Spenderorgan mehr.“

Heimatnahe Transplantationszentren dienen laut Viebahn auch einem weiteren Zweck: „Sie halten das Thema Organspende in den Köpfen der Menschen und der umliegenden Kliniken.“ Das sei für die Spendenbereitschaft extrem wichtig. Gäbe es nur noch einige wenige Transplantationszentren, wäre die große gesellschaftliche Aufgabe Organspende vielerorts kaum mehr erkenn- und erlebbar: „von den längeren Anfahrtswegen für die Patienten ganz abgesehen.“