Bochum. Die Honorar-Affäre der Stadtwerke schwelt bundesweit. Ausgerechnet das Thema Transparenz sollte Bochum wieder positive Schlagzeilen bescheren. Das ging zumindest am Anfang schief: Der Bundesparteitag der Piraten, über den 300 Medienvertreter berichteten, begann mit Pfiffen gegen Ottilie Scholz.

In ihrem Grußwort hieß die SPD-Oberbürgermeisterin die 1800 Piraten am Samstag als „liebe Delegierte“ im Ruhrcongress willkommen. Ein Lapsus, der in der noch jungen, auf Basisdemokratie bedachten Bewegung besonders sauer aufstößt: Bei den Parteitagen der Piraten gibt es keine Delegierten, sondern jedes Mitglied ist stimmberechtigt. Buhrufe gegen die OB wurden laut. Ottilie Scholz entschuldigte sich unverzüglich: „Sie sind tolerant. Sie verzeihen mir diesen Fehler.“ Taten die Piraten. Auch wenn sich einige Freibeuter wunderten: „Hat die Frau denn niemand vorbereitet?“

Netz brach mehrfach zusammen

Ausreichend gewappnet wähnte sich die Bochumer Veranstaltungs GmbH (BOVG) für den technischen Stress-Test. Nahezu alle Piraten (am Sonntag waren es über 2000) waren mit Laptops angereist. Auf den Tischen gab’s neben Bionade und Brötchen reichlich Kabelsalat. Mit einer Kapazität von 80 MBits/Sekunde (komplette Firmennetzwerke verfügen über 100 MBits) sollte der virtuelle Ansturm bewältigt werden. Doch die Piraten legten die Kommunikation zeitweilig lahm. Mehrfach brach das Netz zusammen – was den bislang größten Parteitag der politischen Neulinge aber nicht nennenswert störte. „Wir sind mit Bochum sehr zufrieden“, zog Cheforganisator Florens Dölschner gestern gegenüber der WAZ ein positives Fazit.

Offene Türen (jeder konnte ohne Einlasskontrolle in die Halle spazieren), exzessive Debatten- und Streitkultur bei den unzähligen Anträgen: Transparenz ist bei den Piraten oberstes Gebot.

Das musste auch Andreas Kuchajda erfahren. Der BOVG-Geschäftsführer war überrascht, als die Piraten für die Buchung des Ruhrcongresses vor einem dreiviertel Jahr eine Bedingung stellten: die Veröffentlichung aller Kosten im Internet. „Wir haben länger darüber diskutiert – und uns dann entschieden, dem Wunsch nachzukommen“, erklärt Kuchajda. Somit konnte in den vergangenen Wochen alle Welt auf der Homepage der Bundespiraten u.a. nachlesen, dass die Raummiete am Stadionring 21 125 Euro, die Ordner 2117 Euro, die Sanitäter 2210 Euro und die Videotechnik 1380 Euro kostet. Insgesamt schlug der zweitägige Parteitag laut Kalkulation mit 34 143 Euro zu Buche.