Bochum. . Zu drei Jahren Haft hat das Schwurgericht einen 40-jährigen Autofahrer verurteilt, der vorsätzlich einen Unfall gebaut hatte, weil er Suizidgedanken im Kopf gehabt hatte. Durch den Unfall wurden vier Menschen teilweise schwer verletzt.
Der Fahrer des Opel Corsa dachte, sein Motor sei explodiert. Gewaltige Kräfte hatten plötzlich seinen Wagen mit vier Insassen quer über die Universitätsstraße geschleudert. Doch in Wahrheit war er von hinten von einem betrunkenen Mitsubishi-Fahrer (40) kräftig gerammt worden, der sich durch dem Unfall hatte umbringen wollen. Das Schwurgericht verurteilte den Unverursacher am Mittwoch zu drei Jahren Haft.
Am Abend des 26. Juni 2011 war der Außenputzer, ein bisher unbescholtener Familienvater, von seiner Wohnung in Weitmar nach Witten gefahren. Vorher hatte er Unmengen Bier und Wodka in sich hineingeschüttet (2,8 Promille). In Witten wohnte ein Freund (28) von ihm. Er war der neue Gefährte an der Seite seiner Ehefrau (48), die ihn verlassen hatte. Der 40-Jährige war so frustriert und wütend, dass er sich ein großes Messer eingepackt hatte. Er wollte den Rivalen verprügeln oder gar umzubringen, wie es im Prozess hieß. Doch kurz vor dem Ziel kehrte er mit seinem Mitsubishi Colt um. „Er wollte nicht wegen dieses Zeugen ins Gefängnis“, meinte Richter Hans-Joachim Mankel. Allerdings schlug die Fremdaggression nun in Eigenaggression um. Plötzlich trieben ihn Suizidgedanklen um. Von Bochum-Langendreer kommend, raste er auf der Universitätsstraße in Höhe der A43 mit rund 105 km/ auf einen vor ihm fahrenden Opel Corsa, der nur 65 km/h fuhr. Schräg seitlich rammte er dessen Heck.
Opfer erlitten erhebliche Verletzungen
Darin saßen zwei Frauen und zwei Männer. Durch die Wucht des Aufpralls wurde ihr Wagen quer über die halbe Kreuzung geschleudert. Er riss Verkehrsschilder und einen Lichtmast um und prallte gegen einen Kantstein. Die Insassen erlitten teilweise ein Schädelhirntrauma, einen Schambeinbruch, viele Prellungen und Blutergüsse. Außerdem machte ihnen der Unfall psychisch enorm zu schaffen. Einem Opfer schossen später bei lauten Geräuschen immer wieder die Bilder des Unfalls in den Kopf. Ein anderes Opfer lag drei Wochen im Krankenhaus und war vier weitere Wochen auf einen Rollstuhl angewiesen. Wieder ein anderes Opfer verlor wegen psychischer Probleme seinen Job und verdient heute mit seiner neuen Arbeit viel weniger.
Angeklagt hatte der Staatsanwalt sogar „versuchter Mord“. Doch das war - auch für ihn selbst - im Prozess nicht haltbar. Wohl aber stellte das Gericht fest, dass der 40-Jährige die Verletzungen des Opel-Insassen „billigend in Kauf genommen“ habe. „Er befand sich in einer Stimmung, in der ihm alles egal war.“ Sein Bewusstsein sei „völlig eingeengt“ gewesen
Angeklagter saß bereits zehn Monate in U-Haft
Der Angeklagte will sich an den Unfall nicht erinnern können. Doch Zeugen sagten, dass er den Unfall damals mit Suizidabsicht erklärt habe.
Die Richter verurteilten den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung. Er selbst wollte Bewährung.
Bereits zehn Monate saß er in U-Haft. Am Mittwoch nach dem Urteil ließ ihn das Gericht gegen Meldeauflagen vorläufig wieder in die Freiheit, bis er, sollte die Strafe rechtskräftig werden, seine Ladung zum Haftantritt erhält. Seine Wohnung hat er verloren. Er muss woanders unterkommen.