Bochum. Eduard Stirnberg, ehemaliger Chef des Bochumer Tierparks, hat früher gern seine Tiger wie niedliche Haustiere vorgeführt. Nun macht er sich Gedanken über die Ursachen des Unglücks im Kölner Zoo und will den Fall in seine Ausbildungs-Seminare einbauen. Denn auch erfahrenen Tierpflegern könnten im Alltag lebensbedrohliche Fehler unterlaufen.
Einst erlaubte sich Eduard Stirnberg, bis zum Mai Chef des Bochumer Tierparks, gern mal einen Spaß mit seinen Tigern. So spazierte er mit dem zahmen Sumatratiger Aschoka zwischen den Gehegen herum, als handele es sich um ein Schoßhündchen. Den Besuchern des Bochumer Presseballs zeigte er vor Jahren, wie ein Tigerbaby ‘nen ordentlichen Schluck aus der Pulle nahm – Milch, versteht sich.
Doch nach dem schrecklichen Unfall im Kölner Zoo, bei dem eine 43-jährige Tierpflegerin durch einen Tiger ums Leben kam, ist Stirnberg nicht nach Scherzen zumute: „Jetzt wird auf dem Zoodirektor herumgehackt. Aber was soll er anders tun, als den Tiger zu erschießen, wenn ein Mensch im Sterben liegt?“ Erst seit wenigen Wochen ist Stirnberg im Ruhestand, doch seine Liebe zu den Wildtieren ist davon unberührt.
Erdmännchen statt Tiger
Er bildet nach wie vor Tierpfleger aus und hält Vorträge zum richtigen Umgang mit Raubkatzen und anderen Großtieren. „Noch kenne ich nicht die genauen Umstände des Unglücks in Köln.“ Doch er betont, dass bei solchen Ereignissen meist weniger mangelhafte Sicherheitsbestimmungen der Hintergrund sind, vielmehr der Mensch mit seinen Fehlern. „Auch erfahrenen Tierpflegern können Fehler unterlaufen, vor allem, wenn im Alltag die Routine eingezogen ist.“ Stirnberg sagte, er werde sich über die Vorgänge in Köln ein genaues Bild machen, und den Fall in seine Ausbildungs-Seminare einbauen.
Einst zog das Ehepaar Eduard und Bärbel Stirnberg Tiger oder Leoparden mit der Flasche auf. Die Sumatra-Tiger Aschoka und Shirkan schliefen als „Kinder“ gar vor dem Ehebett in der Wohnung des Zoochefs. Doch bereits vor Jahren entschloss sich der Bochumer Tierpark, um ein Bild aus der Tierwelt zu gebrauchen, das Pferd zu wechseln. Stirnbergs Nachfolger, Ralf Slabik, sagt, warum: „Wir wollten, klein aber fein sein. Also Erdmännchen statt Tiger.“ Das letzte Großtier war die Bärendame „Nadja“, nachdem bereits das Tigergehege und auch die Leopardenanlage geschlossen worden waren.
Bei den Kleinsten sehr beliebt
Als 2003 „Nadjas“ Lebenspartner „Max“ mit fast 28 Jahren eingeschläfert werden musste, wurden die Besucherfragen nach einem neuen Gefährten immer lauter. Slabik und Stirnberg fanden einen Partner, und zwar im Wildpark Willingen. Als neuen Lebensraum hatte „Charlie“ eine 2000 Quadratmeter große Bärenanlage für „Nadja“ in einer naturnahen Hanglage vorbereitet. Allen Verantwortlichen im Tierpark Bochum fiel 2007 der Entschluss, nach fast 75 Jahren die Braunbärenhaltung aufzugeben, sehr schwer.
Obwohl mit 180 Quadratmetern Fläche die Braunbärenanlage den geltenden Haltungsrichtlinien des Bundeslandwirtschaftsministeriums, das gemäß einem Gutachten zur Haltung von Säugetieren, eine Fläche von mindestens 150 Quadratmetern für zwei Braunbären fordert, entsprach, wurden die Bedingungen für eine zeitgemäße Haltung als nicht mehr angemessen angesehen. Heute ist der Bochumer Tierpark vor allem bei den kleinsten Besuchern als sehr beliebt. Er kann sich trotz der großen Zoos in den Nachbarstädten Gelsenkirchen und Dortmund behaupten.