Bochum. Die Ruine des Hotels Eden ist nur einen Steinwurf entfernt. „Ich hab’ hier mein eigenes ,Hotel Eden’“, weist Heidrun Wagner angewidert auf die Hausfassade nebenan.
So schmuck ihr Garten, so schäbig ist die Außenmauer des Nachbarhauses. Auch der Ausblick auf die andere Seite ist wenig erquicklich: „Der reinste Urwald“, klagt die 69-Jährige und fühlt sich machtlos.
Seit über 50 Jahren lebt Heidrun Wagner an der Rottstraße. Der ganze Stolz der Hausbesitzerin ist ihr Garten: ein 100 Quadratmeter großes Kleinod mit strahlend gelben Kokardenblumen, bunten Dahlien, Büschen und hölzerner Tischgruppe. Viel Herzblut steckt die Witwe in ihr Grün inmitten der City – und hat doch kaum noch Spaß. „Der Blick nach rechts und links verdirbt mir jede Freude.“
Garten verwildert, Mauer bröckelt
Rechts: Da erhebt sich eine hässlich graue Betonwand, die offenkundig seit Jahrzehnten keinen neuen Anstrich erhalten hat. Elektrische Leitungen schlängeln sich über den bröckelnden Putz; Teile des Mauerwerk unterhalb eines Balkons scheinen brüchig zu sein.
Links: „Da ist Urwald“, wie Heidrun Wagner den Wildwuchs im Nachbargarten bezeichnet. Es muss ewig her sein, dass hier jemand Hand angelegt hat.
Die 69-Jährige will sich ihr Zuhause „nicht kaputtmachen lassen“. Mehrfach habe sie die Besitzer der beiden Nachbarhäuser („Die wohnen im Rheinland und sind nur selten hier“) gebeten, sich um ihr Eigentum zu kümmern. „Passiert ist nie etwas. Die Mauer blieb so, wie sie ist. Beim verwilderten Garten heißt es nur: ,Wenn Zweige überstehen, schneiden Sie sie doch einfach ab.’“
Keine Hilfe aus dem Rathaus
Auch im Rathaus kam sie nicht weiter. „Das Bauamt schreitet angeblich nur ein, wenn die Missstände zur Straße sichtbar sind. Was nach hinten heraus passiert, sei nicht von öffentlichem Interesse.“
Inzwischen hat Heidrun Wagner einen Anwalt eingeschaltet. Ob mit Erfolg, erscheint fraglich. „Eigentum verpflichtet: aber nicht dazu, es schön zu machen. Das bereitet unseren Mitgliedern häufiger Probleme“, erklärt Dr. Stephanie Vornholz, Geschäftsführerin des Bochumer Haus- und Grundeigentümervereins. Geht es um Schönheitsreparaturen oder die Pflege des Gartens, gebe es für betroffene Nachbarn keinen Rechtsanspruch. Ausnahmen: Der eigene Besitz ist gefährdet, „etwa durch Ungeziefer, Müll oder Feuchtigkeit, die von nebenan ins Mauerwerk sickert“.
Keine rechtliche Handhabe
An der Rottstraße erkennt die Haus & Grund-Expertin keine rechtliche Handhabe, vom Nachbarn die Gartenpflege oder Sanierung der Fassade einzufordern. Eine Chance biete allenfalls der Balkon. „Das Bauordnungsamt kann auf Antrag die Standfestigkeit prüfen. Ist Gefahr in Verzug, muss gehandelt werden.“
Heidrun Wagner will weiter kämpfen und ihren Garten hegen und pflegen. Allein schafft sie es nicht mehr. Zwei Gärtner helfen, damit unweit der Hotel-Eden-Bruchbude zumindest ihr kleines „Paradies“ erhalten bleibt.
Über ein Ärgernis in der Nachbarschaft klagt derweil auch das Ehepaar Wiemer-Josten an der Goystraße 39. Am Goyer Busch, unmittelbar an der Grundstücksgrenze, stehen zwei Pappeln. „Nicht nur, dass die Bäume über 50 Jahre alt und brüchig sind und eine Gefahr darstellen“, schildert Annemarie Wiemer-Josten. „Die Beseitigung der Spelzen und Glocken erfordert eine Menge Zeit und Kraft. Wir sind beide über 85 Jahre alt. Für uns ist das einfach zu viel“, berichten die Eheleute.
Im Juni, so die Bochumer, haben sie an die Deutsche Annington geschrieben, der das angrenzende Grundstück mit den Pappeln gehöre, und gebeten, die Bäume zu entfernen. „Bis heute haben wir keine Antwort erhalten.“ Auf WAZ-Anfrage kündigte die Deutsche Annington gestern eine Stellungnahme an.