Bochum. . Zwei Familienväter, die jahrzehntelang als Rechtsanwälte und Notare in einer gemeinsamen Kanzlei tätig waren, haben vor dem Landgericht eingeräumt, Mandantengelder für sich selbst abgezweigt zu haben.
Die beiden Volljuristen (60, 61) aus Bochum und Herne, die als Rechtsanwälte und Notare rund 1,2 Millionen Euro Mandantengelder ergaunert haben sollen, hätten bereits im Jahr 2005 ihre Kanzlei liquidieren müssen; so schlecht standen die Finanzen. Nicht einmal einen einzigen Anwalt hätte die Sozietät gescheit ernähren können, wie es gestern am zweiten Prozesstag am Landgericht Bochum hieß. Einmal wurde die seit 1983 bestehende Praxis in Herne mit einem „klinisch toten“ Patienten verglichen, in den immer wieder neue Blutkonserven reingepumpt worden seien, „obwohl man wusste, da wird kein Leben mehr kommen“.
„Mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns“
Mit den Blutkonserven waren die vielen, teils sechsstelligen Mandantengelder gemeint, die sich die Angeklagten nach und nach als Darlehen verschafft haben, obwohl sie laut Anklage genau wussten, dass eine Rückzahlung wohl unmöglich war. Außer Darlehen sollen sie auch solche Mandantengelder abgezweigt haben, die ihnen zu treuen Händen anvertraut waren. Es geht um 19 Fälle.
Am Freitag legten die Angeklagten ein Geständnis ab. Einiges wurde „mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns“ eingeräumt, in anderen Fällen die persönliche Schuld jedoch relativiert. Richter Michael Rehaag meinte, dass ihre Erklärungen „von einer geständigen Einlassung sehr weit entfernt“ seien. Das sei „mehr als problematisch“. Hintergrund: Zum Prozessauftakt hatten alle Seiten einem Deal zugestimmt: drei bis 3,5 Jahre Haft - aber im Falle eines Geständnisses. Dieser Deal drohte offenbar hinfällig zu werden.
Finanzlöcher mit Fremdgeld gestopft
Die Angeklagten zogen es danach aber vor, die Kammer zu besänftigen, indem sie ihre Schuld doch etwas unmissverständlicher einräumten. Sie betonten allerdings, dass die Kanzlei auch wegen des Aus von Großmandanten und offenen Gebührenforderungen in Turbulenzen geraten sei. In ihrer Krise haben die Angeklagten ihre Liquiditätsprobleme offenbar immer wieder mit Fremdgeld zu stopfen versucht und sich dabei blauäugigen Hoffnungen hingegeben. Begleitet wurde dieses verzweifelte Herumdoktern wohl auch von der Angst, das eigene Scheitern vor sich und dem Umfeld einzuräumen.
Am Ende hielt die 10. Strafkammer das Geständnis für „ausreichend“. Ein Urteil folgt wohl am 4. Juli. Die Angeklagten leben heute von Hartz IV beziehungsweise vom Gehalt der Ehefrau.