Bochum. Wer regelmäßig Sport treibt, bringt nicht nur seinen Körper, sondern auch Gehirn und Seele auf Trab. Das betonten Fachärzte beim WAZ-Medizin-Dialog „Sport und Psyche“.

Die Ruhr-Uni bat aufs Parkett: 25 Senioren zwischen 60 und 81 Jahren beteiligten sich 2009 an einem Tanzkurs. Alle waren zuvor sportliche Schlaftabletten, hatten sich kaum noch bewegt. Nach sechs Monaten „Agilando“, einem Mix aus Gymnastik und Gruppentanz, wurden die Oldies nochmals untersucht. Ergebnis: Neben Motorik und Tastsinn hatte sich auch ihr Denkvermögen erheblich verbessert. Regelmäßiger Sport, so das Fazit der Tanzstudie, hält auch und gerade im hohen Alter den Körper und die grauen Zellen fit.

Das Zusammenspiel von Sport und Psyche stand am Dienstagabend im Blickpunkt des WAZ-Medizin-Dialogs. 140 Leserinnen und Leser im St.-Josef-Hörsaalzentrum erfuhren, wie sich ein gesunder Körper und eine gesunde Seele gegenseitig beeinflussen.

"Sport senkt das Erkrankungs- und Todesrisiko erheblich"

„Bewegung hilft und schützt vor psychischen Erkrankungen. Sie ist Jogging für die Seele“, weiß Prof. Dr. Georg Juckel, Ärztlicher Direktor des LWL-Universitätsklinikums.

„Sport senkt das Erkrankungs- und Todesrisiko erheblich. Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen, Joggen oder Walken sind besonders zu empfehlen“, betont Dr. Ida Sibylle Haußleiter, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie am LWL-Klinikum.

„Schon 15 Minuten tägliches Training verlängert die Lebenserwartung um 15 Prozent“, bekräftigt Prof. Dr. Martin Tegenthoff, Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Bergmannsheil.

Dass Fitness auch schlau(er) macht, führte Prof. Tegenthoff am Beispiel von Mäusen vor. Für eine Versuchsreihe wurde für die Nager ein Fitnessstudio im Miniaturformat gefertigt. Micky & Co. krabbelten durch Röhren, bestiegen Leitern und balancierten auf Rädern. „Bei den sportlichen Mäusen konnte die Bildung neuer Gehirnzellen nachgewiesen werden. Die Hirnleistung war besser als vorher. Das zeigte sich in einem Labyrinth mit Käse-Ködern“, erläuterte Tegenthoff.

"Bewegung schützt vor Depressionen"

Ähnliche Resultate hatten Kernspin-Aufnahmen von geübten Golfern. Nach Jahrzehnten des Einlochens hatten sich zusätzliche Zellen in den entsprechenden Hirnarealen gebildet, die den Golferschwung automatisieren.

Dumm nur: Zieht sich der Mensch wieder dauerhaft auf die Couch zurück, verschwinden auch die sportlich erworbenen Hirnzellen.

Sport, werben die Fachärzte, stärkt das Oberstübchen – und fördert das seelische Gleichgewicht. „Bewegung schützt vor Depressionen. Wer sich nicht bewegt, hat ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko“, sagt Dr. Haußleiter. Walking, Gymnastik, Radfahren oder Schwimmen: „Sport wirkt antidepressiv, macht gesund und glücklich.“ So nachvollziehbar es sei, dass in Phasen schwerer Depressionen der Antrieb fehlt: „Jeder Kranke kann und sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten aktiv werden, möglichst in der Gruppe“, so Dr. Haußleiter.

Dass „Sport“ auch ohne Bewegung Gutes leisten kann, erklärte Prof. Juckel. Sein verblüffend anmutender Trost für „no sports“-Gläubige: „Allein das Träumen vom Joggen im Stadtpark kann sich positiv aufs Seelenheil auswirken.“

Sport weckt Spaß am Leben

Die Senioren, die vor drei Jahren an der Tanzstudie teilgenommen haben, mochten sich auf diese Theorie nicht verlassen. „Fast alle Probanden“, schildert Prof. Tegenthoff, „haben so viel Freude und Erfüllung beim Tanzen gefunden, dass sie nach der Studie dabei geblieben sind.“

Für die Experten ein Signal, dass Sport auch eine weitere wichtige Funktion hat: den Spaß am Leben zu wecken.

"Für regelmäßige Bewegung gibt es viele Beweg-Gründe“, weiß Dr. Ida Sibylle Haußleiter. Nach ihrem Vortrag am Dienstagabend beim WAZ-Medizin-Dialog steht die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie unseren Leserinnen und Lesern am Donnerstag von 12 bis 13 Uhr bei einer Telefonsprechstunde für Fragen rund um Sport und Psyche zur Verfügung. Ihre Rufnummer: 0234/50 77 12 25

Die aktuellen Vorträge des WAZ-Medizin-Dialogs werden zum Nachlesen wie immer online bereit gestellt. Sie gibt es auf der Homepage des LWL-Klinikums www.lwl-uk-bochum.de