Bochum. Nach der Einigung der Fraktionsspitzen in Berlin hoffen die Krankenhäuser in Bochum, künftig über mehr dringend benötigte Spenderorgane für Transplantationen verfügen zu können.
102 Nieren und 32 Bauchspeicheldrüsen wurden im vergangenen Jahr im Knappschaftskrankenhaus Langendreer verpflanzt. Prof. Dr. Richard Vierbahn ist zuversichtlich, diese Zahlen in den nächsten Jahren steigern zu können. Ausdrücklich begrüßt der Chefchirurg die Neuregelung der Organspende, auf die sich die Spitzen aller Fraktionen im Bundestag geeinigt haben.
In den nächsten Monaten sollen die Krankenkassen ihre Versicherten anschreiben. Jeder über 16 Jahre kann angeben, ob er seine Organe nach dem Tod spenden will oder nicht – oder mit der Entscheidung noch warten möchte.
„Die Widerspruchslösung wäre die beste gewesen. Doch ich akzeptiere, dass dies in Deutschland nicht möglich ist. Die Entscheidungslösung ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, zumal sie mit einer intensiven Aufklärung einhergeht“, sagte Dr. Viebahn, Direktor der Chirurgischen Klinik, am Freitag der WAZ. Mit jährlich rund 140 Verpflanzungen unterhält das Knappschaftskrankenhaus eines der führenden Transplantationszentren in Deutschland. „Bei den Bauchspeicheldrüsen sind wir in Zahl und Ergebnis sogar Spitze in Europa“, betont Prof. Dr. Viebahn.
Hilfe für notleidende Menschen
Gleichwohl könnte deutlich mehr notleidenden Menschen geholfen werden – wenn mehr Organe zur Verfügung stünden. In Langendreer waren es 2011 sieben verstorbene Menschen, denen Nieren, Herz, Leber entnommen wurden. Eine vergleichsweise geringe Zahl – und doch viel im Vergleich zu anderen Kliniken.
Im Bergmannsheil sind es ein bis zwei Spenderorgane, die binnen Jahresfrist bereitgestellt werden. Dr. Justyna Swol (Chirurgische Klinik) und Roland Köditz (Medizinische Klinik) sind als Transplantationsbeauftragte tätig. Sie sind zur Stelle, wenn bei Patienten – etwa nach Unfällen oder Hirnblutungen – ein Hirntod bevorsteht. „Nur, wenn alle Hirnfunktionen abgestorben sind, kommt eine Organspende in Betracht“, bekräftigt Dr. Justyna Swol. Das nimmt die weit verbreitete Angst, bei lebendigem Leib „ausgenommen“ zu werden. Das schränkt die Zahl der potenziellen Spender aber erheblich ein.
Organspendeausweis liegt eher selten vor
Selten liegt ein Spenderausweis vor. In sensiblen, oft hoch emotionalen Gesprächen mit den Angehörigen erfragen, besser: ertasten die Ärzte, ob einer Organspende nach der Hirntod-Diagnostik zugestimmt wird. „Wir informieren ausführlich, etwa darüber, dass auch die Nieren eines 80-Jährigen noch gute Dienste leisten können. Wichtig ist, keinen Zwang auszuüben. Allein die Angehörigen entscheiden. Das ist zu respektieren.“
Bundesweit 12 000 Menschen warten auf Spenderorgane. Die Bochumer Zahlen dokumentieren: Die Spendenbereitschaft ist wenig ausgeprägt. Die Folgen sind dramatisch. „Auch bei uns gibt es Patienten, die auf der Warteliste stehen – und hier versterben“, bedauert Roland Köditz.
Auch im Bergmannsheil hätte man eine Widerspruchslösung begrüßt. Die jetzige Regelung wird dennoch gut geheißen. Dr. Swol: „Alle Anstrengungen sind gut, die auch nur zum minimalen Anstieg der Organspenden führen.“
Organspenden und Transplantationen stehen in diesem Jahr auch im Blickpunkt eines WAZ-Nachtforums Medizin. Am Donnerstag, 21. Juni, gibt es Vorträge und Gespräche im Knappschaftskrankenhaus Langendreer. Motto: „Fürs Leben“. Wir berichten noch ausführlich.