Bochum. . Ein neues Buch von Ralf Priorr - Titel: „Ohne Rückkehr“ - dokumentiert die Deportation von westfälischen Juden in die Todeslager.
Es ist 70 Jahre her, dass sich in einer Villa am Berliner Wannsee das Schicksal der europäischen Juden entschied. Geschehen in einer technokratischen Eiseskälte, dass es noch heute schaudern lässt. Was da am 20. Januar 1942 zum Teil verklausuliert entschieden wurde, spürten die westfälischen Juden wenige Wochen später am eigenen Leib: Der letzte Weg von 800 Menschen aus dem Regierungsbezirk Arnsberg, ihre Deportation ins Ghetto im polnischen Zamosc und weiter in die Todeslager. Dies alles dokumentiert schmerzhaft präzise das von Ralf Piorr herausgegebene und jetzt erschienene Buch „Ohne Rückkehr“.
Berichtet wird etwa über die Leidenswege der Hattinger Juden, die zuvor zusammengepfercht waren im Ghetto der alten Gewehrfabrik nicht weit vom alten Bahnhof und der Sammelstelle auf dem Eintracht-Sportplatz in Dortmund. Es gibt ein Foto in dem Bändchen, welches den scheinbar friedlichen Sportplatz mit seinen beiden Fußballtoren zeigt. Erst auf den zweiten Blick sieht man diese Schlange von Wartenden. Es sind die Juden, die registriert wurden, bevor der Zug von Dortmunder Bahnhof Süd Richtung Osten fuhr. Es gibt keine verlässliche Liste mehr, doch die Namen von 768 der vermutlich 791 Deportierten konnten in den vorigen Jahren sicher identifiziert werden.
Bochumer Historiker schrieb eigenen Beitrag
Darunter finden sich 65 Menschen aus Bochum, beinahe alle Namen sind bekannt. Der Bochumer Historiker Dr. Hubert Schneider hat in seinem Beitrag für das Buch die Schicksale einiger dieser Männer und Frauen nachgezeichnet. Niemand aus diesem Transport überlebte die Shoa. Vor ihrer Deportation wurden die Juden vermutlich in der ehemaligen israelitischen Schule, Wilhelmstraße 16 (der heutigen Huestraße unmittelbar neben der zerstörten Synagoge) auf engstem Raum zusammengepfercht. Am 27. April 1942 brachte vom Nordbahnhof ein Zug die Gruppe nach Dortmund.
Hubert Schneider fand heraus, dass die meisten dieser Deportierten im Todeslager Sobibor ermordet wurden. Unter ihnen auch Sidonie Beerwald. Gemeinsam mit ihrem Mann Georg unterhielt sie ein Möbelgeschäft in der Clemensstraße. Ihr Mann war im Nachklang der Boykottaktionen gegen jüdische Geschäftsleute schwermütig geworden. Georg Beerwald lebte in einer Pflegeanstalt. Als der Transport in Bochum zusammengestellt wurde, rief man seine Frau, die gerade zu Besuch bei ihm war, per Telegramm zurück. Sie kam ebenfalls nach Zamosc. Weder sie noch ihr Mann, der am 19. Juni 1942 nach Sobibor kam, kehrten zurück.