Bochum/ Hattingen. . Der koreanische Mutterkonzern Hyundai Heavy Industries (HHI) plant massive Stellenkürzungen. In wie weit Jahnel-Kestermann in Bochum und Hattingen betroffen ist, bleibt unklar. Die Mitarbeiter sind verunsichert.
In kleinen Grüppchen verlassen bei Schichtende die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das Werksgelände von Jahnel-Kestermann. Da oben in Wiemelhausen liegt mitten in einem reinen Wohngebiet der traditionelle Zahnradhersteller und Getriebebauer mit seiner über 100-jährigen Geschichte. Doch wie es weiter geht, das wissen die rund 350 Mitarbeiter nicht wirklich, seitdem Pläne über mögliche Entlassungen in der Fabrik die Runde machen. „Denen ist doch scheißegal, was mit uns hier passiert“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter.
Ähnlich wie alle seine Kollegen und Kolleginnen an diesem Januarnachmittag hat er Angst. Angst, dass er womöglich zu denen gehört, denen die Kündigung droht. Das Unternehmen gehört seit dem vergangenem Jahr zum koreanischen Weltkonzern Hyundai Heavy Industries (HHI). Der tut sich offenbar schwer, seine Pläne mit Jahnel-Kestermann offenzulegen. Weil niemand so recht weiß, wie es weitergehen soll, scheuen selbst gestandene Mitarbeiter das offene Wort: „Wir wissen doch auch nicht mehr als Sie“, sagt ein ehemaliger Betriebsrat resigniert.
Mindestens 100 Arbeitsplätze weniger
Jürgen Dongart saß 30 Jahre im Betriebsrat, davon viele Jahre als Vorsitzender. Seit zwei Jahren befindet er sich im Ruhestand. Obwohl er mittlerweile ein bisschen Abstand gewonnen hat, lässt ihn die aktuelle Situation nicht kalt. Er hat guten Kontakt zu vielen alten Kollegen. Vor allem kann er offen sprechen: „Was die jetzt brauchen ist Gewissheit, wie es weitergehen soll.“ Er erinnert sich an Schwierigkeiten, als 2008 mit der Firma PSM schon einmal ein koreanisches Unternehmen an der Hunscheidtstraße das Sagen hatte: „Die Kontakte mit der Geschäftsführung, das klappte nur über einen Dolmetscher.“
Auch interessant
Ganz ähnlich soll es, so berichten Mitarbeiter von der letzten emotional hoch aufgeladenen Betriebsversammlung vom November letzten Jahres, jetzt zugehen. Die Zahlen über den geplanten Personalabbau schwanken. Die Rede ist jedoch von mindestens 100 Arbeitsplätzen.
Imageschaden für die Traditionsfirma
Mehr als 48 Jahre arbeitete Manfred Gustrau bei Jahnel-Kestermann. „Was da jetzt passiert, macht mich sehr traurig“, sagt der ehemalige Angestellte. Er geht in „seiner“ Fabrik noch immer ein und aus. Seine Frau Ursula leitet den Jahnel-Kestermann-Chor, der 2009 sein 75-jähriges Jubiläum feierte. Einer der wenigen Bochumer Werkschöre, die so lange existieren.
Gustrau, der 2004 ausgeschieden ist, arbeitete früher in der Personalabteilung. Er kann sich vorstellen, was jetzt abgeht in den Köpfen der Mitarbeiter: „Ich musste auch schon mehrfach Leuten die Papiere geben.“ Damals Ende der 90er Jahre erlebte er bereits eine Insolvenz mit. Gustrau glaubt, dass der einst so klangvolle Name der Traditionsfirma Schaden genommen hat.
Doch zunächst ging es bergauf: 2005 nahm das Münchener Unternehmen Arques AG (jetzt Gigaset AG) Jahnel-Kestermann unter seine Fittiche und baute den schwächelnden Spezialhersteller wieder aus. Die Belegschaft verdoppelte sich auf 400 Beschäftigte. Es wurde investiert, etwa in neue Präzisionsmaschinen, überlebensnotwendig in einer Industrie, in der Genauigkeit alles ist. 2008 verkauften die Münchener den Getriebebauer jedoch wieder und zwar an die koreanische Firma PSM. Als wiederum diese in Schwierigkeiten geriet, kam Hyundai zum Zuge.
- Nachtrag: Dass die Nerven offenbar blank liegen, zeigte sich, als bei Gesprächen mit Mitarbeitern in dieser Woche vor den Toren des Betriebsgeländes ein Werksschutzmann glaubte, einschreiten zu müssen.