Bochum.
Manche haben sich still gewundert, einer macht seinem Ärger jetzt Luft. Die Skulptur „Trauernde Mutter“ an der Pauluskirche/Grabenstraße hat im Umfeld des Weihnachtsmarktes den letzten Rest an Würde eingebüßt.
„Im Umgang mit ihrer Kunst im öffentlichen Raum gibt es für die Stadt Bochum anscheinend überhaupt keine Schranken mehr“, ärgert sich WAZ-Leser Manfred Jablonski.
Tatsächlich prallen an der drei Meter hohen Figur aus Basaltlava zwei Welten aufeinander. Vor einigen Tagen herrschte hier noch anlässlich des Volkstrauertages Besinnung und stilles Gedenken an die Kriegstoten und die Opfer der Nazi-Herrschaft, nur ein paar Tage später tost der Weihnachtsmarkttrubel um die „Trauernde“ - Bildhauer Marcks gestaltete eine alte Frau, die, gestützt auf ihren Stock, suchend ausblickt nach jemandem, der wahrscheinlich nie wieder kommt. Sie ist ein Sinnbild der verlorenen Trauer. Im Moment sieht sie eher so aus, als wolle sie nur eines: bloß weg von hier.
,Sauferei. Wein. Met. Bier’
„Geradezu abstoßend ist die Aufstellung der Bude ,Sauferei. Wein. Met. Bier’ an der Pauluskirche, unmittelbar neben der Skulptur von Gerhardt Marcks (1889-1981), einem der renommiertesten deutschen Plastiker des 20. Jahrhunderts“, befindet Jablonski.
Tatsächlich gehören die Pauluskirche und die Skulptur zu den wichtigsten Monumenten der Trauerkultur für die Opfer des Zweiten Weltkrieges und des III. Reiches in Bochum; sie sind gleichzeitig Mahnmal gegen Faschismus und Gewalt. Der Sockel trägt die Inschrift „4. November 1944“ und erinnert damit an die furchtbarste Bombennacht in Bochum während des Zweiten Weltkriegs.
Sitzgruppe plus Verzehrstand
Eine Tafel widmet das Mahnmal „Den Opfern von Gewaltherrschaft und Krieg 1933-1945“. Inmitten des mittelalterlichen Marktes mit seinen Gauklern, Handwerken, Spielleuten liegen noch die Kränze, die von der Oberbürgermeisterin persönlich an diesem Ort des Gedenkens niedergelegt wurden – drum herum ist nun eine Sitzgruppe plus Verzehrstand gezimmert worden.
Der (im doppelten Wortsinn) Fall der „Trauernden“ ist der nächste Aufreger zum Thema Kunst im öffentlichen Raum. Im April war heimlich, still und leise Otto Herbert Hajeks farbige Betonplastik am Schulzentrum Wiemelhausen zerstört worden; am Springerplatz musste eine an der Fassade der Arnoldschule platzierte Skulptur des weltbekannten Künstlers Francois Morellet einer Feuertreppe weichen.