Bochum. Umsetzung des Bildungspakets läuft nur schleppend an: Thema heute im Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Das Bildungs- und Teilhabepaket sorgt ein halbes Jahr nach seiner Einführung bei den beteiligten Bochumer Vereinen, Institutionen und der Stadt immer noch für Probleme. Das eigentliche Ziel, benachteiligten Kindern und Jugendlichen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, sei gescheitert, sind sich Vereine, Jugendring und Soziale Liste einig.
Die Beantragung der Gutscheine überfordere viele der Eltern, sagt Jugendring-Geschäftsführer Rolf Geers. Vor allem aber stehe der bürokratische Aufwand, den der Gutschein verursacht, in keinerlei Verhältnis zu dem Betrag, welches das Kind oder der Jugendliche erhalte. „Wir, das Sozialamt, das Jugendamt und der Stadtsportbund“, zählt Budoka-Vorsitzender Sebastian Strack die beteiligten Institutionen auf. In jeder dieser Stellen sei mindestens ein Mitarbeiter involviert, wenn ein Kind einer Hartz-IV-Familie in seinen Judo-Verein eintreten will.
„Egal wie viele Kinder die Familie hat, für jedes muss sie einen neuen Antrag stellen“, sagt Strack. Und obwohl in Bochum nur die Hälfte der berechtigten Familien bislang einen Antrag gestellt haben, seien die Behörden jetzt schon mit den Verwaltungsaufgaben überlastet: „Im Schnitt warten wir bis zu fünf Monate auf unser Geld“, so Strack.
Das eigentliche Ziel verfehlt
Susanne Köllner, im Jugendamt zuständig für die Koordination des Bildungspakets, kennt die Vorwürfe, wiegelt ab. Dass die Bewilligung der Anträge teils länger dauere, liege am Personalmangel. Die Stadt wolle in den nächsten Monaten weiteres Personal speziell für die Bearbeitung der Gutscheine einstellen. Daraus resultierende Mehr-Kosten für die Kommune: unbekannt. „Das eigentliche Ziel war doch, mit dem Geld die Jugendlichen zu fördern“, kritisiert Rolf Geers vom Jugendring diese Entwicklung.
Dieses Ziel, so Geers, verfehle das Gesetz in seiner jetzigen Form. Diese Erkenntnis scheint wenigstens teilweise auch im Rathaus angekommen zu sein. Vor kurzem ordnete Bürgermeisterin Ottilie Scholz an, dass zukünftig die Gutscheine aus dem Bildungspaket nicht mehr monatlich, sondern nur noch zweimal im Jahr beantragt werden müssen. Vorausgesetzt, die Familie erhält so lange noch staatliche Förderung.
Ein anderes Problem aber bleibt ungelöst: Kaum Anträge haben Bochumer Eltern bisher für Nachhilfeunterricht gestellt. Dabei sollte dies laut Bundes-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen das Kernstück des Pakets werden. Gutscheine für den Nachhilfeunterricht werden nur aber bewilligt, wenn die Schule eine Versetzungs-Gefährdung ausspricht. Die wird jedoch stets nur zum Schuljahresende ausgesprochen. „Und selbst dann macht das keine Schule gern, da sie damit ja zugibt, dass sie selbst die Schüler nicht gut genug unterrichten“, berichtet ein Lehrer, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Hilfe beim Ausfüllen der Anträge
In Bochum kam hinzu, dass die Stadt mehrere Monate brauchte, bis sie die vor Ort ansässigen Nachhilfe-Institutionen prüfte und sie als Partner des Teilhabepakets zertifizierte. So ist es kein Wunder, dass manche Nachhilfe-Institution jetzt auf eigene Faust versucht, das Geschäft anzukurbeln. Das Lernstudio Langendreer bietet Eltern tatkräftige Unterstützung beim Ausfüllen der Anträge – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass die Nachfrage steigt.
Um festzustellen, wie man in Bochum mehr Eltern dazu bewegen kann, das Gutschein-Angebot wahrzunehmen, tagt der Ausschuss für Arbeit und Soziales heute zu diesem Thema.