Bochum. Die Biologische Station will an sechs verschiedenen Standorten in der Stadt brachliegende Flächen zur Kindernaturspielzone erklären und damit der Naturentfremdung der Stadtkinder entgegenarbeiten.

Einfach mal draußen so richtig im Schlamm matschen und sich dreckig machen. Oder auf einer wilden Wiese ein Baumhaus bauen. Nicht unbedingt die typischste Art von Freizeitaktivität für ein Stadtkind. Sollte es aber sein, findet Jürgen Heuser, Leiter der Biologischen Station östliches Ruhrgebiet. Denn: „Viele Stadtkinder wissen mit Natur nichts mehr anzufangen“, sagt er. Und das ist nicht nur schlecht für ihr Verstehen von Natur, sondern auch für die eigene Entwicklung.

Gegen diese Naturentfremdung will die Biologische Station nun etwas tun: Sie plant, in Bochum an sechs über die Stadt verteilten wohnortsnahen Flächen sichtbar markierte Natur-Spielräume zu schaffen, auf denen Kinder und Jugendliche frei in der Natur spielen können. „Es geht nicht darum, einen weiteren Abenteuerspielplatz zu schaffen, sondern den Kindern Orte zur Verfügung zu stellen, an denen sie unbeobachtet Natur erleben können“, stellt Heuser klar.

Die Stadt unterstützt das Projekt

Unterstützt wird das Projekt von mehreren SPD-Lokalpolitikern. MdL Carina Gödecke versichert, dass es im Sinne der Stadt sei, Brachflächen den Kindern zehn oder sogar 20 Jahre zur Verfügung zu stellen, damit sie sich dort austoben könnten.

Bislang ist dies jedoch nur ein Lippenbekenntnis, denn erst muss die Biologische Station in ihrer Funktion als Träger bei der NRW-Stiftung einen Förderantrag stellen. Erst danach kann Heuser bei der Stadt einen konkreten Gestattungsvertrag zur Nutzung der stadteigenen Flächen abschließen.

Kontakt zu den Eltern suchen

In einem zweiten Schritt will die Stiftung die ausgesuchten Flächen dann so modellieren, dass sie für die Heranwachsenden interessanter werden: Bisher frei einsehbare Orte erhalten einen Sichtschutz, flache Tümpel werden angelegt, damit die Kinder richtig im Dreck spielen können.

Wenn all dies geschafft ist, stehen die Projektmitarbeiter dann noch vor der wichtigsten Aufgabe, Kinder und Eltern vom Sinn ihres Projekts zu überzeugen. „Wir werden in die Schulen und Kindergärten gehen, Bürgerversammlung einberufen und den Kontakt zu Eltern suchen“, sagt Heuser.

Nicht alle Kinder wissen noch, wie man draussen spielt

Es gehe darum, nicht nur den Kindern, die schon jetzt gerne draußen spielen, zu vermitteln, dass es fortan Flächen in der Natur gebe, von denen sie niemand mehr vertreibt. Man wolle auch jene Kinder erreichen, die nicht mehr wüssten, wie man allein in der Natur spielt. „Hierfür wird eine Kollegin das Projekt vor Ort betreuen und den Kindern Anregungen geben, was man alles in der Natur machen kann“, so Heuser.

Und falls die Kinder die von den Erwachsenen ausgesuchten Flächen gar nicht so toll finden? „Dann müssen wir uns wohl anpassen und neue Flächen suchen“, sagt Heuser mit einem Schmunzeln. Denn aufzwingen, das zeige die Erfahrung, könne man den Heranwachsenden sowieso nichts.