Bochum. .
Als Sekretärin arbeitete die Bochumerin Ursula Closset jahrelang für Joseph Ratzinger. Für ihn findet sie nur lobende Worte. Über das Verhalten der Politiker, die seiner Rede fern bleiben wollen, ist sie empört.
Empört ist sie über das Verhalten vieler Politiker. „Wie kann man denn da nicht hingehen?“, schimpft Ursula Closset, schüttelt mit dem Kopf und setzt sich an ihren Küchentisch. Rund 100 Abgeordnete wollen der heutigen Rede Papst Benedikts im Bundestag nicht beiwohnen. „Das entspricht doch nicht dem deutschen Niveau.“ Ihre Entrüstung mag man verstehen, schätzt sie das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche doch sehr. Schließlich war der Pontifex einst ihr Chef – und ein sehr netter noch dazu, wie sie findet. Das ist zwar lange her, da war Dr. Joseph Ratzinger nicht einmal Kardinal. Als Professor arbeitete der damals 36-Jährige an der Universität Münster, als die katholisch-theologische Fakultät eine Sekretärin suchte. Vom Arbeitsamt erfuhr Ursula Closset, damals 18, von dem Job. Sie hatte gerade die Höhere Handelsschule abgeschlossen. „Eigentlich wollte ich ja Leiterin eines Kinderheimes werden“, erzählt die charmante Frau. Der Herr wollte es wohl anders.
So stellte sie sich im Jahre 1963 bei Ratzinger persönlich vor. „Da waren noch viele ältere Damen, die sich beworben hatten, doch die Wahl fiel auf mich.“ Warum? „Ich hatte Glück“, so Ursula Closset über den Start in ihr Berufsleben beim heutigen Papst.
„Zwei bis drei Mal pro Woche kam Professor Ratzinger ins Büro, diktierte Steno.“ Ob es auch mal zu Auseinandersetzungen kam? „Nein, denn er hat mich stets als gleichwertigen Gesprächspartner behandelt.“ Als Sekretärin für Joseph Ratzinger arbeitete Ursula Closset in Münster sechs Jahre lang. Dann trennten sich ihre Wege. Prof. Dr. Ratzinger ging an die Universität Tübingen, Ursula Closset führte es über Umwege nach Bochum. Am Hegel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum arbeitete sie bis zur Pensionierung 2010.
Noch heute findet die begeisterte Philosophin nichts als himmlische Worte für ihren einstigen Vorgesetzten. „Der Papst hat eine enorme Intuition und die Gabe, das Wesen des Anderen zu erkennen.“
Nach dem Weggang in Münster blieb sie Papst Benedikt stets verbunden. Über seine Reise nach Deutschland sagt sie: „Es ist ein Geschenk, das man annehmen sollte.“ Im Jahr 1997 besuchte sie Joseph Ratzinger mit Sohn René in Rom, traf ihn ein Jahr später bei einem Symposium in Ahaus. Natürlich wird sie heute nach Berlin reisen, im Olympiastadion seinen Worten lauschen – diesmal nur als eine von vielen. Doch das wird sie wohl kaum stören.