Berlin. .
Vor dem Papst-Besuch in Deutschland wird zunehmend Kritik an dessen geplantem Auftritt im Bundestag laut. Verschiedene Politiker halten die Rede von Benedikt XVI. für unvereinbar mit der Trennung von Kirche und Staat.
Vor dem Papst-Besuch in Deutschland wird zunehmend Kritik an dessen geplantem Auftritt im Bundestag laut. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte die am kommenden Donnerstag vorgesehene Rede „unangemessen“. Der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz argumentierte ähnlich wie Ströbele, dass dies die weltanschauliche Neutralität des Staates verletze. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, sprach dagegen von einer „Ehre für das Parlament“.
Ströbele sagte im Interview: „Dass der Deutsche Bundestag seine Sitzungswoche verschiebt, damit mehr Abgeordnete anwesend sind, wenn der Papst kommt, ist nicht mit der Trennung von Kirche und Staat zu vereinbaren.“ Es sei in Ordnung, dass der Papst sein Heimatland besuche und hier Messen abhalte, betonte Ströbele. „Aber im Deutschen Bundestag vor den Vertretern des gesamten deutschen Volkes zu reden, gebührt Personen, die besondere Verdienste in der Politik erworben haben.“ Das sei beim Papst nicht der Fall. Er ließ offen, ob er zur Papst-Rede im Bundestag dabei sein werde.
Schwanitz sagte der „Sächsischen Zeitung“, der Bundestag sei der falsche Ort für eine glaubensbezogene Rede eines Kirchenoberhauptes. Selbstverständlich werde die Rede auch einen missionarischen Hintergrund haben. Mit Blick auf die im Bundestag ebenfalls anstehenden Beratungen über den Euro-Rettungsschirm warf Schwanitz der schwarz-gelbe Koalition vor, das Euro-Thema im Schweinsgalopp durchzuziehen. Für den Papst sei jedoch „jede Zeit der Welt“ verfügbar. Schwanitz will Papst-Rede im Bundestag boykottieren.
Nicht nur Kirchen-, sondern auch Staatsoberhaupt
Kauder kritisierte den angekündigten Boykott von Oppositionspolitikerin als „beschämend“. In der „Bild am Sonntag“ schrieb er, der Papst spreche vor dem deutschen Parlament als Staatsoberhaupt: „Der Papst kommt nicht allein als Oberhaupt der größten christlichen Kirche mit über einer Milliarde Gläubigen zu uns, sondern auch als Staatsoberhaupt.“ In dieser Funktion spreche er im Bundestag. Der Papst ist zugleich Oberhaupt des Vatikanstaates.
Papst Benedikt plant unterdessen während seines Deutschlandbesuchs nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ ein Treffen mit Opfern sexueller Gewalt. Über den Termin werde im Vatikan und bei der Deutschen Bischofskonferenz Stillschweigen bewahrt. Die Begegnung solle eine „Geste des direkten Hörens“ gegenüber den Menschen sein, denen die Kirche Schaden zugefügt hat, aber auch ein Zeichen, dass die Kirche sich ihrer Verantwortung stelle, heißt es demnach im Vatikan.
Bundeskanzlerin Angela Merkel widmete ihren wöchentlichen Podcast dem Papst-Besuch
Bundeskanzlerin Angela Merkel widmete ihre wöchentliche Internet-Botschaft dem Papst-Besuch. Sie erklärte, für sie stehe der Aspekt der Ökumene „ganz besonders im Mittelpunkt“. Benedikt XVI. komme in das Land der Reformation. „Und wir bereiten uns gerade in der Dekade bis 2017 auf 500 Jahre Reformation in Deutschland vor“.
Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, äußerte die Hoffnung, der Besuch werde Fortschritte in den Beziehungen zwischen evangelischer und katholischer Kirche bringen. In der „Leipziger Volkszeitung“ sagte Schneider, er erhoffe sich ein paar Signale, „wie wir in der Ökumene weiterkommen“. Es könnte etwa „ein Zeichen für eine Wertschätzung der Lebenssituationen der Menschen in den neuen Bundesländern geben, die unglaublich viel zu verkraften hatten“. (dapd)