Essen. . Wenige Tage vor dem Papst-Besuch wollte ARD-Talker Frank Plasberg am Montagabend die Moral von „Benedikts Kirche“ hinterfragen. Die Sendung wurde ein Schlagabtausch mit einem Mönch. Am Ende stand Plasberg selbst in der Kritik.

Pünktlich zum Besuch des Papstes in Deutschland kocht eine Reihe von Fragen wieder hoch, die die katholische Kirche in den letzten Jahren verfolgt. Wie mit den Fällen sexuellen Missbrauchs umgehen? Kann man noch am Zölibat festhalten? Warum treten viele Menschen aus der Kirche aus? Ist diese weltfremd? Bruder Paulus hatte mehr Antworten parat, als viele wohl gedacht hatten.

Eigentlich hätte Moderator Frank Plasberg seiner Sendung am Montagabend einen anderen Namen geben sollen. Die Diskussion zum Thema „was denkt Deutschland über Benedikts Kirche?“ drehte sich weniger darum, was Deutschland denkt. Vielmehr ging es darum, wie die katholische Kirche angesichts der Missbrauchsfälle ihre Moral erklären kann.

Hier entpuppte sich Bruder Paulus, Kapuzinermönch und Leiter des Klosters Liebfrauen in Frankfurt am Main, schnell als guter Gesprächspartner. Konfrontiert mit einer Reihe kritischer Fragen und zum Teil unsachlicher Kritik, gab er ein ziemlich überzeugendes Bild ab. Und so entwickelte sich, was eigentlich als Diskussionsrunde gedacht war, schnell als Fragerunde mit Bruder Paulus.

Missbrauch

Dabei fuhr Plasberg ziemlich schweres Geschütz auf. Er hatte Wolfgang Niedecken eingeladen, Frontmann der Rockband BAP und als Kind selbst Missbrauchsopfer an einer Klosterschule. Betroffen reagierte Bruder Paulus auf diese Tatsache. Und holte energisch aus: „Hier geht es doch darum, wie wir Menschen – ob wir glauben oder nicht – Missbrauch verhindern können.“ Da war er bereits zwei Schritte weiter als der eher blasse Philosoph Michael Schmidt-Salomon, der noch hinterher warf, dass „es ja keine angemessene Entschädigung“ für die Opfer gegeben habe.

Niedecken war hier jedenfalls besänftigt. Hatte vorher beim Thema Ehe noch schärfere Töne angestimmt, schlüpfte er von da an eher in die Rolle des Fragenden, forderte Antworten von Bruder Paulus. Und sinnvolle Antworten hatte der als Seelsorger aktive Mensch auch schon beim Thema Ehe parat gehabt.

Ehe scharf diskutiert

Die Ehe, unter deren Dach nach katholischem Verständnis weder der geschiedene und wiederverheiratete Bundespräsident Wulff, noch Kanzlerin Angela Merkel und erst recht nicht der in homosexueller Partnerschaft lebende Klaus Wowereit Platz finden würden. Aber was sollten denn die Menschen machen, in deren Ehe die Liebe erloschen sei oder sogar Unterdrückung herrsche, fragte WDR-Telefontalker Jürgen Domian erhitzt. „Diese Menschen sind zu einem Doppelleben gezwungen“, legte Michael Schmidt-Salomon nach. Und Wolfgang Niedecken: „Wie kann eine Religion der Nächstenliebe so unerbittlich sein?“

Bruder Paulus brachte die „seelsorgerische Realität“ ins Spiel. Erklärte die theologische Seite, dass die Ehe als Sakrament ein Abbild des Bundes Christi mit der Menschheit sei. Allerdings müsse dies eben immer auch mit der Realität abgestimmt werden, wie er aus seiner Tätigkeit als Seelsorger wisse, fügte er hinzu. Überzeugend.

Moralischer Fehltritt der Sendung aufgezeigt

Und schließlich korrigierte er gar einen moralischen Fehltritt der Sendung selbst. Plasbergs Team hatte die Situation eines nach Deutschland geholten ausländischen Priesters dargestellt, dessen Gemeinde manchmal Probleme habe, ihn wegen seiner undeutlichen Aussprache zu verstehen. Da geriet Bruder Paulus in Rage. „Was machen wir hier?“ Da werde ein Priester bloß gestellt, nur weil er aus dem Ausland komme und die deutsche Sprache nicht perfekt ausspreche? Weltfremd klang diese Argumentation jedenfalls nicht.