Bochum. . Bei 470 Grundsstückseigentümern in Querenburg kassiert die Stadt insgesamt eine Millionensumme: Als Grund dafür wird die Sanierung dieses Stadtteils geltend gemacht.
In wenigen Tagen werden Elke Vitt und ihr Mann Jürgen einige Tage verreisen, doch ein völlig unerwartetes Schreiben der Stadt Bochum hat ihnen die Urlaubsfreude gründlich verdorben: 5104 Euro will die Stadt von ihnen haben, zahlbar bis zum 15. September.
Das Ehepaar ist nicht das einzige, das durch eine derartige Zahlungsaufforderung aufgeschreckt wurde. Wie die WAZ durch Nachfrage erfuhr, hatte das Tiefbauamt 470 Bescheide an alle Querenburger Eigentümer von Grundbesitz verschickt. Zusammengerechnet eine Forderung in Millionen Euro-Höhe. Begründet wurde dies als Erhebung einer Ausgleichsabgabe für Entwicklungsmaßnahmen in Querenburg.
Wertsteigerung von zehn Euro pro Quadratmeter
„Dieses Sanierungsgebiet wurde 1972 durch NRW-Satzung erlassen und umfasst Straßensanierung und Anlegen von Parks,“ erläutert Stadtsprecher Thomas Sprenger. Am 31. Dezember 2009 sei die Satzung wieder aufgehoben worden, weil das Land gesagt habe: „Das Sanierungsgebiet ist saniert.“ Danach habe sich der Gutachterausschuss der Sache angenommen, um die Wertsteigerung zu ermitteln. Dabei sei ein Zuwachs von zehn Euro pro Quadratmeter festgesetzt worden.
„Ich sehe die Wertverbesserung nicht,“ hält Elke Vitt dagegen. Sie und ihr Mann haben nämlich schon einmal gezahlt und das kam so:
Die Eheleute wohnen an der Straße Auf dem alten Kamp 51 in einem schönen Anwesen mit gepflegten Rasenflächen. Eine Idylle in Grün. Im Hausflur haben sie alte Schwarzweißbilder im Rahmen aufgehängt. Ein Luftbild ist dabei, das zeigt, wie sich die Trasse der Universitätsstraße wie ein langer Tanker vor dem Haus der Familie Vitt breitmacht.
Querenburger Straße wurde teilweise verlegt
Kaum erkennbar auf diesem Foto ist, dass es da noch eine andere Straße gab - die Querenburger Straße. Ein Teil davon wurde allerdings abgebunden, um einige Meter verlegt und umbenannt - zum heutigen Auf dem alten Kamp.
„Dadurch“, erinnert sich Rentner Jürgen Vitt, „waren wir plötzlich zum Hinterlieger geworden.“ Das habe Konsequenzen gehabt. Als die Vitts 1994 eine Garage bauen wollten, hätte ihnen die Stadtverwaltung gesagt: „Sie haben ja gar keine Zufahrt.“ Nach der Umlegung lag nämlich zwischen der neuen Straße Auf dem alten Kamp und dem Eigentum der Eheleute eine städtische Wiese, darunter verborgen Versorgungsrohre und Trümmer der früheren Querenburger Straße.
Für umgerechnet 9000 Euro kauften die Vitts 308 qm der städtischen Wiese, waren damit wieder Anlieger mit Zufahrt zur Straße und konnten ihre Garage aufstellen.
Statt Wertverbesserung, Wertverschlechterung
„Eine Wertverbesserung hat es für uns durch die Sanierung nicht gegeben, sondern eine Wertverschlechterung, die wir erst durch den Zukauf der Wiese ausgeglichen haben,“ sagt Jürgen Vitt. „Aber das ist ja kein Bauland gewesen. Wofür also sollen wir jetzt zahlen?“
Das fragt sich ihr Nachbar Manfred Möller ebenfalls und deutet auf einen Brief der Stadt, den er erhalten hatte: 5950 Euro soll er, ebenfalls schon seit Jahren in Pension, zahlen - bis zum 22. September. Und genau so wie die Nachbarn als „Ausgleichsbetrag für den Entwicklungsbereich Bochum-Querenburg“.
Bei Neukauf oder Neubauvorgaben hätte die Stadt mitgeteilt, dass später noch eine Zahlung auf die Eigentümer zukomme, sagt Stadtsprecher Sprenger. Einige hätten damals sogar Vorauszahlung geleistet. Die alteingesessenen Eigentümern waren offenbar weniger im Bilde.