Bochum. . Die städtischen Freibäder leiden unter dem nassen Wetter. Bislang besuchten 200.000 Menschen weniger die Bäder als 2010. Aber auch die kürzeren Öffnungszeiten kosten vermutlich Badegäste.

Etwas wehmütig gleitet Sabine Kirchners Blick über die leeren Liegewiesen. Von ihrem Kioskfenster aus hat die 53-Jährige den besten Überblick über das gesamte Gelände. Doch an diesem Wochenende ist das eine trostlose Aussicht: Trotz des trockenen Wetters mit immerhin 23 Grad zog es am Samstagmittag nur knapp 40 Besucher ins Werner Freibad.

„Bei gutem Wetter stehen die Leute immer in langen Reihen über die Wiese bei mir Schlange“, erzählt die Kioskpächterin. In den Vorjahren habe sie kaum eine freie Minute hinter der Currywurst-Theke gehabt. Heute bleiben Ofen und Fritteuse meist kalt. „So einen schlechten Sommer wie jetzt habe ich in meinen ganzen 30 Jahren hier nicht erlebt“, erinnert sich Kirchner.

Fast allein im Becken

Nur ein paar Jugendliche sonnen sich trotz des bewölkten Himmels auf der Liegewiese und eine Hand voll Kinder tummelt sich auf der Wellenrutsche. „Wenn es hier so leer ist, hat das auch Vorteile“, meint die neunjährige Melissa. „Dann kann man wenigstens öfter rutschen.“ Gemeinsam mit ihrem Bruder Tobias komme sie fast täglich her, „weil wir einen Ferienpass haben und mit dem Fahrrad hierhin fahren können.“ Trotzdem würden sich die beiden über ein paar mehr Spielgefährten freuen. So ganz alleine im großen Becken macht es auf die Dauer dann doch keinen Spaß.

„Ohne solche Ferienpass-Kinder wäre es hier an vielen Tagen richtig leer“, weiß Schwimmmeister Thomas Rößner. Dabei könne er nicht verstehen, weshalb die solarbeheizte Anlage an diesem Wochenende kaum genutzt werde: „Für Schwimmer ist es draußen doch warm genug. Und drinnen haben wir momentan eine Wassertemperatur von rund 25 Grad.“ Die unbeständige Wetterlage und die häufig falschen Voraussagen des Wetterberichts aber halten die meisten Badefreunde ab. Auch im Schwimmerbecken, das als eines der wenigen in der Region sogar 75 Meter misst, zieht nur eine einzige Hobby-Schwimmerin ihre Bahnen.

In aller Ruhe trainieren

„Das Wetter stört mich eigentlich nicht“, meint die 44-Jährige. „Wenn es leerer ist, kann ich wenigstes ganz in Ruhe trainieren.“ Das nämlich sei in Bochum seit Januar kaum noch für sie möglich: „Früher bin ich meistens drei- oder viermal in der Woche zum Schwimmen gegangen“, erzählt sie. „Aber mit den gekürzten Öffnungszeiten, die es jetzt seit Anfang des Jahres überall gibt, habe ich kaum noch Möglichkeit dazu.“ Zum großen Ärgernis der berufstätigen Dauerkartenbesitzer machen viele Bäder jetzt bereits um 20 Uhr ihre Schotten dicht.

Auch wer früh morgens das kühle Nass genießen will, steht meist vor verschlossenen Türen: Im Freibad Werne ist der Einlass in den Sommermonaten Juni, Juli und August in diesem Jahr erst ab zehn Uhr. „Deshalb kommen viele unserer alten Stammgäste jetzt nicht mehr“, beobachtet Kioskpächterin Sabine Kirchner. „Sonst haben die Rentner schon ganz früh morgens ihre Bahnen hier geschwommen und sind danach immer auf einen Kaffee zu mir gekommen“, erzählt sie. Doch die Runde habe sich jetzt aufgelöst: „Um zehn Uhr, wenn die ersten Kinder kommen, ist es denen schon zu spät.“ Am Wetter allein liegt die Freibad-Flaute also nicht. „Mit den gekürzten Öffnungszeiten, haben die sich ganz schön ins eigene Fleisch geschnitten“, bestätigt ein Badegast.

Zwischenbilanz

Ende vergangener Woche bestätigte die Emschergenossenschaft, was wir längst alle wussten: Der Juli war der kälteste seit zehn Jahren. Allein in diesem Sommermonat regnete es mehr als von März bis Mai dieses Jahres.

Klar, dass dies Folgen für die Besucherzahlen in den städtischen Freibädern hat. Registrierte die Stadt im vergangenen Jahr bis zum 5. August noch 252 700 Besucher, so waren es 2011 bislang nur 58 600.