Bochum.

Nein, einen Schatz hat Markus Schweizer bisher noch nicht gefunden. Zeit genug und das richtige Arbeitsgerät hätte er dafür allerdings gehabt. Seit 42 Jahren sitzt er auf dem Bock und steuert Bagger beinahe jeder Bauart und Größe. Seit Montag schlitzt er mit seiner Schaufel einen bis zu fünf Meter tiefen Graben (funktioniert wie ein Schlüsselloch) diagonal durch ein besonderes Baufeld: Das Krupp-Plateau an der Alleestraße.

Knapp 16 Meter über dem Niveau der Stadt gelegen, hockt der Bauer mitten drauf auf einem Monolith aus 1969 Jahre Bochumer Industriegeschichte. Würde Markus Schweizer mit seinem Bagger noch tiefer wühlen, womöglich förderte er Gebäudereste, Ziegel oder gar von Jacob Mayer noch eigenhändig gegossenen Stahl ans Tageslicht. Dass diese Vorstellung so abwegig nicht ist, weiß etwa Wilfried Maehler. Maehler ist Geschäftsführer des Bochumer Studienkreises Bunker und kennt sich wie kaum ein anderer aus im Untergrund an der Alleestraße: „Dort findet sich etwa noch ein uraltes gemauertes Gewölbe, ein ehemaliger Laufgang der Arbeiter.“

Kenntnisse über unterirdische Versorgungskanäle

Die akribische Arbeit des Bunker-Arbeitskreises floss ein in die recht detaillierte Karte, die den Ingenieuren von CDM Consult als Grundlage für ihrer Arbeit dient. „Wir untersuchen das Gelände, um hinterher eine rechte realistische Abschätzung der Kosten für eine Baureifmachung abgeben zu können“, erklärt CDM-Projektleiterin Elisabeth Akelbein.

Zwar zeigt die Karte die Verläufe von unterirdischen Versorgungskanälen mit allerhand rostigen Rohren und Kabeln an. Rot sind die rund 500 Meter langen Luftschutzanlagen, sowohl zum Schutz von Menschen als auch von Aggregaten gegen Bombeneinwirkungen, eingezeichnet. „Doch so ganz genau wissen wir das alles nicht“, räumt Akelbein ein.

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Von Michael Weeke

Ganz genau wissen möchten jedoch potenziell Investoren, was sich da verbirgt. An einer Stelle erschnüffelt selbst der Laie penetranten Ölgeruch, die über 100 Jahre alten Ziegel sind verfärbt. Gleich daneben, in etwas mehr als einen Meter tiefe lugt sogar recht blank eine Eisenbahnschiene hervor. Dort liegt in etwa das Niveau des ehemaligen Martinwerkes 2.

"Wilde" Halde

Burkhard Bahrenberg kümmert sich seit bald 20 Jahren als Projektleiter um die Entwicklung des Westparkes. Jetzt, endlich, geht es um die Vorbereitung für eine Bebauung dieses Plateaus, das einst zur ehemals „verbotenen Stadt“ gehörte, weithin sichtbar, doch unerreichbar für die Bevölkerung. Vor Jahren entstand im Norden bereits Bochums sogenanntes Pompeji. Fundamente, verdrehte Stahlträger und die Fundamente der Martinsöfen liegen seit einigen Jahren frei, ein archäologisches Feld, das den Blick frei gibt auf die Stahlerzeugung im frühen 20. Jahrhundert.

Im Grunde handelt es sich beim Plateau um mehrere in verschiedenen Abschnitten zusammengewachsenen „wilden“ Halde auf dem Gelände der alten Gussstahlfabrik. Sie verschlang sogar etliche Gebäude, neue Hallen wurden darüber errichtet, so dass unterhalb der Oberfläche eine, den Schichten der Ausgrabung von Troja nicht unähnliche, Struktur zu erkennen ist.

Mit seiner mit sechs stählernen Zähnen bewaffneten Schaufel legte Markus Schweizer all dies frei, nur um es hernach wieder zuzuschütten. Denn die „Baureifmachung“ beginnt, falls das Land grünes Licht gibt frühestens im Oktober. Rund drei Millionen Euro sind veranschlagt, falls etwa Altlasten die Kosten nicht in die Höhe treiben.

Schon einmal wurde vor rund 13 Jahren gejubelt

Wie vorsichtig Ankündigungen für den Westpark zu bewerten sind, zeigt das Krupp-Plateau eindrucksvoll. Bereits Anfang Januar 1999 jubelte der damalige Stadtbaurat Prof. Helmut Ahuis und verkündete, dass die geplante Wohnbebauung für dieses Areal ohne große Änderungen realisiert werden könne. Zu früh gefreut.

Denn schon ein halbes Jahr später hakte es gewaltig. Die Suche nach einem Investor für die vorgesehenen 82 Wohnungen gestaltete sich schwierig und wurde Jahr für Jahr komplizierter. Damals gab es erste Baugrunduntersuchungen. Als dann noch ein Lärmgutachten Belastungen durch das benachbarte Schmiedewerk prognostizierte, rückte die Stadt von der Idee des „Wohnens in der Stadt“ ab.

Kulturelle, soziale und gesundheitliche Einrichtungen geplant

Das neue städtebauliche Konzept sieht auf dem Stahlwerksplateau eine dreigeschossige Bebauung als „Dienstleistungs-, Wissenschafts- und Büropark“ vor. Knapp 14 000 Quadratmeter groß ist das zu bebauende Grundstück. Hinzu kommt das 5600 Quadratmeter große Areal entlang der Alleestraße auf Straßenebene. Dort wünschen sich die Planer ergänzend Einrichtungen mit kultureller, sozialer und gesundheitlicher Bestimmung. Vorstellbar sei die Ansiedlung von Cafés oder Restaurants.

Ein „Gestaltungshandbuch“ legt fest, welche planerischen Eckpunkte gewünscht sind, dort am südlichen Ende des Westparks. Infos gibt es beim Planungsamt der Stadt oder bei NRW-Urban.