Bochum.

Hamburg macht es, München, die Schaubühne in Berlin und an diesem Wochenende auch die Burg in Wien. „Dead or Alive“ läuft überall, das Bochumer Schauspielhaus ist die erste Bühne in NRW, die den Publikumsknaller übernimmt. Dabei treten lebende Slam-Poeten an gegen tote Titanen der Literatur, die von Schauspielern des Hauses dargestellt werden. Das Publikum wird zur Jury.

Poetry Slammer sind die Rampensäue der Gegenwartsliteratur“, meint Moderator Sebastian 23, der selbst diverse Titel in dieser Disziplin vorzuweisen hat und im Kulturhauptstadtjahr auch schon die Deutschen Meisterschaft in der Jahrhunderthalle moderiert hatte. Der in Bochum lebende Sebastian 23 wird übrigens auch das „Dead or Alive“-Debüt am Burgtheater in Wien unter Matthias Hartmann moderieren.

Szenestars gegen Ensemble

Am Mittwoch, 25. Mai, 20 Uhr, nun treten vier Szenestars, Anke Fuchs, Julian Heun, Moritz Kienemann und Andy Strauß, mit ihren Texten gegen tote Literaten an. Verkörpert werden diese von Friederike Becht, Ronny Miersch, Roland Riebeling und Anke Zillich. Wer genau für die Altmeister aufläuft, sollte zuvor noch nicht verraten werden - nur soviel: Goethe und Schiller sind im Aufgebot. Die Erfahrung lehrt, dass bisher gut zwei Drittel der Wettbewerbe von den Lebenden gewonnen wurden, die Bochumer Ensemblemitglieder sind also gefordert, aus den Texten die nötigen Qualitäten herauszukitzeln.

Brecht gegen Hitler

Bertolt Brecht ist auch ein toter Autor, der uns heute viel zu sagen hat. Das findet auch Ulrich Greb. Der Intendant des Moerser Schlosstheaters inszeniert erstmals an der Königsallee. „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ ist eine böse Parabel, mit der Brecht 1941 hoffte, Adolf Hitler mit der Hauptfigur zu demaskieren. Darin sei Faschismus einerseits organisierte Kriminalität, andererseits auch die Fortsetzung des Kapitalismus mit anderen Mitteln, so Greb. Ihn interessiere an dem Stoff die Frage, wie sich so ein System der Macht breitmache, wie werde Politik und Mafia, eingebettet in ein Wirtschaftssystem, ununterscheidbar.

Im Mittelpunkt steht dabei die Figur des Ui, dessen Vielschichtigkeit auch zum Ausdruck komme in der Wahl der Darstellerin. Xenia Snagowski spielt die Rolle, auch einige der der vielen Nebenrollen sind geschlechtskonträr besetzt. Das habe aber nichts mit „Genderthematik“ zu tun. Im Falle Ui wolle man lediglich dazu anregen, darüber nachzudenken, welche neue Gestalt gefährliche Macht heute annehmen könnte, so Dramaturgin Sabine Reich.

Die Macht der Medien

Auch Videotechnik (Nils Voges) kommt zum Einsatz, die Macht der Medien, der Bilder ist in diesem Zusammenhang heute obligatorisch. Nimmt der Theater-Ui des Bert Brecht noch Schauspielunterricht alter Schule, um Effekte zu erzielen, so dient dieser heute dazu, möglichst telegen in die allgegenwärtigen Kameras zu gucken.

Es erwartet die Zuschauer eine Aktualisierung, die im Kern aber noch eine Historienfarce, eine Groteske ist. Keine Reise in die Vergangenheit, kein angeklebtes Hitlerbärtchen, sondern eine unterhaltsame Untersuchung über die Verfasstheit moderner Staaten. Oder, wie Greb Beckett zitiert: „Man muss bis zum Äußersten gehen, dann wird Lachen entstehen.“