Bochum. .

48 Bewohner des Projekts „buntStift“ in Langendreer fühlen sich in ihrer Gemeinsamkeit pudelwohl. Kinder, Familien und Senioren wohnen dort im Mehrgenerationenhaus unter einem Dach.

„Schlüssel steckt!“, schallt es durch den Flur. Handan Sahin ist auf dem Weg zur Nachbarin. Klingeln? Überflüssig. „Tagsüber ist hier Haus der offenen Tür“, lacht die 37-Jährige. Mit 47 Bewohnern hat sie sich ihren Traum vom schöner Wohnen erfüllt. Willkommen im „buntStift“, dem zukunftsweisenden Mehrgenerationenhaus in Langendreer.

An der Zufahrt und auf der künftigen Piazza werkeln die Pflasterer. Es fehlen noch Balkone und Terrassen. Der Garten muss hergerichtet werden; die Papas wollen hier ein Baumhaus basteln. Auch drinnen ist noch manches zu tun. Und doch fühlen sich die 48 „Buntstifte“ schon pudelwohl in ihrem neuen Domizil. „Wir haben uns gefunden, weil wir uns finden wollten“, sagt Sinie Hammink, mit 63 Lenzen eine der fidelen Älteren an der Stiftstraße 40.

Wechselvolle Entstehungsgeschichte

Die wechselvolle Entstehungsgeschichte reicht über zehn Jahre zurück. Manfred Walz und Monika Pannitschka zählten damals zu einer Gruppe ambitionierter Bürger, die von der Isolierung in allzu vielen Mietshäusern die Nase voll hatten. Kinder, Familien, Senioren unter einem Dach, geprägt vom Für- und Miteinander: So könnten aus Nachbarn Freunde und Lebensbegleiter werden.

Nach langem, vergeblichem Suchen wurden die Bochumer an der Stiftstraße fündig. Das seit 2005 leerstehende städtische Altenheim wurde (auch mit öffentlichen Fördergeldern) entkernt und um ein Geschoss aufgestockt. Das Grundstück wurde von der Stadt in Erbpacht übernommen.

21 Wohnungen zwischen 47 und 120 m2 entstanden. Die Finanzierung erfolgt über die Genossenschaft „Wohn-Raum“. Zusätzlich zur Miete zahlen die Bewohner für jeden Quadratmeter eine Einlage von 410 Euro. „Somit sind wir Mieter und Vermieter zugleich. Das stärkt die Bindung ans Haus“, sagt Ulrike Nefferdorf (67). Manche Einlage wurde über Kredite aufgebracht. Wer auszieht, bekommt sein Geld zurück.

Davon kann ein gutes halbes Jahr nach dem ersten Einzug aber keine Rede sein – nicht nur wegen der ungezählten Arbeitsstunden, die die Bewohner seit Herbst 2010 in ihr Zuhause investiert haben. „Für uns Ältere ist das eine Entscheidung fürs Leben. Ich möchte hier nie wieder weg“, strahlt Sinie Hammink.

Vier Generationen unter einem Dach

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Von DerWesten

Von der allein stehenden Rentnerin bis zur Familie mit fünf Kindern, von der zweijährigen Judith Schuck bis zur 87-jährigen Helena Berg: Vier Generationen, darunter 22 Kinder, fühlen sich in ihren Bleiben wohl. Jede Mietpartei hat ihr eigenes Refugium. Doch Gemeinschaft wird ganz groß geschrieben. Geburtstage werden zu Haus-Partys. Waschmaschinen werden geteilt. Bei der Kinderbetreuung wird die nette Nachbarin zur Ersatz-Oma. Großeinkäufe sparen Zeit und Geld. Eine Yoga-, Koch- und Wandergruppe sind geplant, sogar ein Chor soll gegründet werden. Ein eigenes Gemeinschaftshaus steht für die Gruppen-Aktivitäten zur Verfügung. Die normale Hilfe funktioniert aber ohne jede Organisation. Intensiv. Herzlich. Selbstverständlich. So wie früher im Familienverbund. Die Bewohner übernehmen Verantwortung füreinander. „Jeder unterstützt jeden nach seinen Möglichkeiten. Hier kommen ja immens viel Wissen und Erfahrung zusammen“, sagt Sinie Hammink.

Die Bushaltestelle ist direkt vor der Tür. Schulen, Geschäfte, das Ostbad sind zu Fuß zu erreichen. Und doch ist es ruhig und grün. Heile Welt? „Natürlich gibt’s auch bei uns mal Ärger. Zuletzt ging es um die Mülltrennung, die leider nicht von allen praktiziert wird“, sagt Handan Sahin. Doch Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden: spätestens bei den Montags-Runden, zu denen sich die Hausgemeinschaft alle 14 Tage trifft.

Die Buntstifte bringen Farbe in ihren Alltag – und erhalten vielleicht Zuwachs. Für das Nachbargrundstück ist ein zweites Mehrgenerationen-Projekt im Gespräch. In zwei, drei Jahren könnte es dann auch hier durch den Hausflur schallen: „Schlüssel steckt!“

Info: Das „buntStift“ ist ausgebucht. Zwar ist aktuell noch eine Wohnung frei. Für die gibt es aber mehrere Bewerber. Wer sich gleichwohl auf die Wartelisten setzen lassen oder sich über das Wohnprojekt informieren will, schreibt eine E.-Mail an info@dasbuntstift.de. Infos im Internet gibt es auf www.dasbuntstift.de.