Bochum. .

Wie sich die Wahrnehmung über das, was Kultur und Theater ausmacht, in Zukunft wandeln wird.

Die Next Generation entert das Schauspielhaus. Foto: Gero Helm
Die Next Generation entert das Schauspielhaus. Foto: Gero Helm © Gero Helm / WAZ FotoPool

Theater als moralische Anstalt, Theater als Schatzkästchen des Bildungsbürgertums, Theater als Hort des Guten, Schönen, Wahren - auch wenn das alles Begriffe aus längst vergangenen Zeiten sind, so spuken sie doch immer noch in den Köpfen vieler Theatergänger herum. Klar, das Regietheater hat seit mehr als 30 Jahren viel vom ideellen Ballast der frühen Jahre weggesprengt, und die künstlerischen Ansätze haben sich zwischen Experiment und Episode immer auch am Zeitgeist erwärmt. Und doch ist einigen hochkulturell geprägten Menschen die Vorstellung immer noch fremd, dass z.B. jugendliche Rapper die Bühnen stürmen und - im Wortsinn – „Theater machen“ könnten. Kann die der Pop-Subkultur entstiegene Jugendkultur tatsächlich zu „Kunst“ werden? Anselm Weber, der Intendant des Schauspielhauses, würde genau das bejahen.

Was ist Kultur bzw. was wird heute (und morgen) darunter verstanden werden? Solchen Fragen ist das Schauspielhaus mit seinem viel beachteten Projekt „Next Generation“ nachgegangen. Der Ansatz: „Das Theater“ bleibt nicht in der Theaterburg hocken, sondern sieht sich in der Stadt um. Wo halten sich Jugendliche auf, was interessiert sie, was verspricht sich diese „next generation“ auch kulturell von der Zukunft, die längst begonnen hat? An den verschiedensten Orten zwischen Wattenscheid und Marxloh wurden die Schauspielhaus-Akteure fündig. Die dort aufgenommenen juvenilen Ausdrucksformen wurden schließlich in der Performance „Next Generation – das Stück“ gebündelt, das wie selbstverständlich Einzug in den Spielplan fand.

Jedes Wort stammt von den Kids selbst

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Von DerWesten

Die Menschen, die sich in den Zukunftshäusern daran beteiligt haben, wurden gefragt, was ihre Träume sind, woher sie kommen, was sie besonders gut können, und was für sie eine Metropole ist: Was sie darauf geantwortet haben, kommt ungefiltert auf die Bühne. Jedes Wort stammt von den Kids selbst. „So entsteht kein Stücktext aus einem Guss, sondern das Abbild der vielen Facetten, die die Welt dieser Jugendlichen ausmachen“, sagt Chefdramaturg Thomas Laue. Für ihn steht fest, dass es an Etiketten für „die Jugend von heute“ nicht mangelt – genau wie an der Erkenntnis, dass doch keines davon wirklich zutrifft.

In eine ähnliche ergebnisoffene Richtung der „Kultur-Befragung“ zielt die Zukunftsakademie NRW, die ab 2012 im Viktoriaquartier entstehen wird. Sie soll nicht nur zur Schärfung des spezifischen Bochumer Kultur-Profils beitragen, sondern in erster Linie Grundlagenforschung und -arbeit in den Bereichen „Kulturelle Bildung“ und „Interkultur“ bieten. Ziel ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen und nach welcher Ordnung die Menschen in der modernen, von Älteren dominierten Stadtgesellschaft zusammenleben werden. Angesichts des demografischen Wandels und der durch Migration veränderten Mischung der Gesellschaft sicher eine so spannende wie berechtigte Fragestellung – die gerade auch den Sektor der Kultur nicht ausspart.