Bochum. Die Ruhr-Universität geht für Familien und sozial benachteiligte Studierende in die Offensive: Der Senat hat Regeln beschlossen, Eltern und Schwangeren ab dem kommenden Semester Studiengebühren zu ersparen. Auch Familien mit mehreren studierenden Kindern profitieren.

Durch den Senatsbeschluss an der Ruhr-Universität werden die Beiträge für Eltern, Schwangere und für Familien mit mehreren Studierenden ab dem Wintersemester gesenkt. „Wir verstehen uns als eine familienfreundliche Universität“, begründet Uni-Sprecher Josef König die Entscheidung vom Donnerstag. Gerade im Ruhrgebiet, „wo überdurchschnittlich viele Elternhäuser das Studium ihrer Kinder nicht finanziell unterstützen können“, so König, gebiete die Chancengleichheit die neuen Befreiungsregelungen.

Nur noch ein Kind zahlt die ganze Gebühr

Ab dem kommenden Semester wird danach die volle Campusmaut in Höhe von 480 Euro nur noch einmal pro Familie fällig. Für die Geschwister gibt’s „Rabatt“. Eine Beispielrechnung: Ein Student, der einen studierenden Bruder hat, zahlt nur noch die Hälfte (240 Euro). Ist ein drittes Familienmitglied immatrikuliert, zahlt es ein Drittel der Gebühr (160 Euro). Besondere Proteste Betroffener oder des AStA habe es im Vorfeld der Beschlüsse nicht gegeben, erklärt Sprecher Josef König. „Wir haben genug Lehrende, die studierende Kinder haben. Wir wissen um die Belastung für diese Familien.“

Wie viele der zurzeit etwa 32.000 Studierenden von der neuen Geschwisterregel profitieren, weiß König allerdings nicht. Auch zur Zahl der in Bochum eingeschriebenen Eltern und Schwangeren gibt es keine Erhebungen. Durch die Beschlüsse können sich fortan beide studierenden Elternteile wegen Kindererziehung befreien lassen. Bislang hatte nur der Vater oder nur die Mutter diese Möglichkeit.

Wissenschaftsministerium: Bochum Vorreiter

In der Vergangenheit wurden werdende Mütter in Bochum obendrein nur für das Semester befreit, in dem sie ihr Kind zur Welt brachten. Künftig erspart ihnen die Universität den Beitrag vom Beginn der Schwangerschaft an.

Für einen Sprecher des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums hat die Ruhr-Universität mit dem neuen Regelpaket „eine Vorreiterrolle“ in NRW eingenommen. Zwar würden Geschwister – bei unterschiedlichen Detailregelungen – auch von der Folkwang Hochschule, der Uni Duisburg-Essen und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster befreit. Bemerkenswert sei aber, dass die Bochumer Regel für alle Geschwister gilt – auch für solche, deren Geschwister von einer anderen deutschen oder europäischen Hochschule zur Kasse gebeten werden. Und dass andernorts in Nordrhein-Westfalen gar beide Eltern und Schwangere entlastet würden, ist im Düsseldorfer Ministerium nicht bekannt.

Darüber hinaus können sich in Bochum künftig 20 Fachschaftsratsmitglieder von der Zahlungspflicht befreien lassen, wenn der Fachschaft nicht mehr als 500 Studierende angehören. Bei größeren Fakultäten kommt pro 100 Studierenden ein Fachschaftsvertreter hinzu.

Lateinstudierende bekommen Geld zurück

Auch zur Qualität und zur Organisation der Lehre hat ein Gremium der Ruhr-Uni ein Zeichen gesetzt: Einigen Lateinstudierende erstattet die Universität die Studiengebühren.

Das Prüfungsgremium

Die Beitragssatzung der Ruhr-Universität Bochum sieht eine Befreiung vor „für die Studienzeit verlängernde Auswirkungen der Prüfungsorganisation der Fakultät, die nicht durch die Studierenden zu verantworten sind“.

Das zur Hälfte mit Studierenden besetzte Prüfungsgremium sprach dazu nun erstmals eine Empfehlung aus. Das Gremium besteht seit April 2007. Die Mitglieder wählt der Senat.

Das hat das Rektorat auf Empfehlung des Prüfungsgremiums beschlossen. Der Grund: Die Beiträge werden zurückgezahlt, weil die unzureichende Prüfungsorganisation der Fakultät in einigen Fällen des Studiengangs Master of Education zu einer Verlängerung der Studienzeit geführt haben könnte. Die Betroffenen hatten sich unter anderem beschwert, weil ihnen zur Vorbereitung auf eine Prüfung Unterlagen fehlten. Nun werden sie auf Antrag für zwei Semester von Studienbeiträgen befreit. Wenn sie ihr Studium abgebrochen oder beendet haben, zahlt die Universität ihnen 750 Euro aus.

Mehr zum Thema: