Bochum. In ihrem Büro in der sechsten Etage hat sie das geballte Wissen unter sich. Seit 13 Jahren leitet Dr. Erdmute Lapp die zentrale Bibliothek der Ruhr-Universität mit ihren zwei Millionen Büchern.
Dr. Erdmute Lapp. Schon allein dieser Name. Der würde den Wagners gefallen. Damit wäre eigentlich mal eine Rolle bei den Festspielen auf dem Grünen Hügel in Bayreuth fällig. Aber sie hat auch so genug zu tun. Sie hat nämlich so viel erlebt, getan, gemacht und erst recht noch vor, dass man damit Bücher füllen könnte. Womit wir beim Thema wären. Dr. Erdmute Lapp leitet seit 1996 die zentrale Universitätsbibliothek (UB) mit ihren 2 Mio Büchern.
Zwei MILLIONEN Bücher, unfassbar viel Wissen, das sich auf den sechs Etagen in der Mitte des Campus' verteilt. Ganz oben, in der sechsten Etage, hat die Direktorin ihr Büro und den Überblick. Nicht nur in das grüne Ruhrtal, sondern auch über die Organisation. Die Bücher sind gut sortiert, weil Erdmute Lapp gut sortiert ist. Anders wär's auch schlecht. Buchstabendsalat können sie hier wohl am wenigsten gebrauchen.
Bibliothekarin aus Familien-Tradition
Bei der Frau, die sehr angenehm samtig und interessant erzählen kann, wohl überlegt ihre Worte einsetzt und zwischendurch vereinnahmend kichert, vereinen sich zwei familiär bedingte beste Voraussetzungen für diesen wichtigen Uni-Job: Großmutter und Mutter waren ebenfalls Bibliothekarinnen, die eine in Berlin, die andere in Frankfurt. Und der Vater hat ein großes Postamt in Hannover geleitet. „Von ihm weiß ich, wie etwas gemanagt wird. Auch er hatte es mit einem schwierigen Betrieb zu tun”, sagt Erdmute Lapp. Schwieriger Betrieb, ja, als solchen hat sie auch die UB zunächst empfunden und sich dieser Aufgabe gerne gestellt. Begriffe wie „steinzeitlich” fallen, wenn sie über das Katalogisierungssystem von früher redet. „Einige hier haben nicht verstanden, dass es für die Benutzer ein Garaus war. So wie das hier aussah und wie man behandelt wurde, entsprach das nicht einer serviceorientierten Bibliothek.”
Mit Engelszungen hat die damals neue Leiterin geredet, hat Vorschläge auf den Tisch gelegt und dabei von ihrer Erfahrung als stellvertretende Bibliotheksleiterin in Jülich profitiert. Eines Tages hatte sie sogar ein Mal gesagt: „Frau Grigoleit, das schaff' ich nicht bis 67.” Frau Grigoleit ist ihre Sekretärin. Gemeint hatte Erdmute Lapp das allerdings nicht wirklich so, denn ihr war schon klar: „Ich kann das, ich möchte an der Bibliothek der Zukunft arbeiten.” Diese schlanke Frau ist eine Kämpferin durch und durch, die wegen ihrer Argumente und Ideen nahezu unschlagbar scheint. „Man unterschätzt, was man alles schaffen kann.”
Nicht ganz günstig, aber zukunftsweisen: die digitale Bibliothek
Für ihr Engagement beim Aufbau einer digitalen, benutzerfreundlichen Bibliothek, die natürlich nicht ganz billig ist, hat sie einmal ein dickes Medizinbuch in sieben Stücke zerschneiden lassen – und eines davon dem damaligen Rektor präsentiert: „Hier. So ein Stück Buch kann ich für jeden Studenten im Jahr kaufen. Möchten sie wirklich, dass das so bleibt?” Es blieb nicht so.
In ihren 13 Bochumer Jahren hat Erdmute Lapp schon vieles erreicht. Die aktuellen Studenten wissen das zu schätzen, Ex-Studenten werden neidisch, wenn sie die Zustände der UB von früher mit denen von heute vergleichen. An den Wänden hängt jetzt Kunst, wechselnde Ausstellungen und manches, das bleibt. Im Erdgeschoss verleitet das Cafe´ Edwards dazu, statt der Literatur auch mal einen Latte Macchiato zu studieren. „Früher merkte man, wenn man das Haus betrat, dass etwas nicht stimmt.”
Die Direktorin denkt weiter, kämpft weiter. In der ersten Etage soll möglichst schnell eine Studienlandschaft entstehen mit abschließbaren Räumen und pfiffig angeordneten Tischen. Außerdem fehle es an Platz, rund 5000 qm sind es zwar, aber längst nicht alles könne genutzt werden. Außerdem möchte Erdmute Lapp weiter am Netzangebot arbeiten, es soll noch benutzerfreundlicher werden. Ihr großes Vorbild sind Bibliotheken amerikanischer Unis: „Die sind Amerikas Beitrag zur Weltkultur.”
Kurze Pause.
„Neben Jazz und Blues natürlich.” Und da ist es, dieses vereinnahmende Kichern.