Essen. Das komplexe Vergabesystem für Studienplätze soll vereinfacht werden. Die meisten Hochschulen haben sich für das Wintersemester auf einheitliche Fristen geeinigt. Außerdem sollen zum ersten Mal Restplätze im Internet bekannt gegeben werden. Hier kann sich jeder bewerben.

Das Wintersemester steht vor der Tür. Rund 400 000 junge Menschen dürften im Herbst ein Studium beginnen. Aber die meisten Fächer haben eine Zulassungsbeschränkung und die Vergabe der Studienplätze ist hoch kompliziert.

Was ist in diesem Jahr anders bei der Studienplatzvergabe?

Die meisten Hochschulen haben sich vor dem Wintersemester auf einheitliche Fristen geeinigt: Bewerbungsschluss für zulassungbeschränkte Studiengänge war der 15. Juli. Die Zulassungsbescheide werden zwischen 7. und 14. August verschickt. Durch diese frühen Termine soll früher klar sein, welche Studienplätze noch frei oder schon vergeben sind. Außerdem stellen die Hochschulen frei gewordene Studienplätze ab 1. September ins Internet. Jeder kann bei dieser „Restebörse” mitmachen und sein Glück versuchen – unabhängig von der Abinote.

Wie groß ist die Chance, in dieser Online-Börse einen Studienplatz zu bekommen?

Klein. Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) verweist auf Baden-Württemberg. Die dortige Online-Börse habe letztes Jahr nur 200 Plätze vergeben. Bei 20 beteiligten Hochschulen. Eine WAZ-Umfrage bei den Unis in Duisburg-Essen, Bochum und Siegen zeigt: Diese Hochschulen werden „sehr wenige” Plätze online stellen. Denn fast alle könnten schon im regulären Zulassungsverfahren vergeben werden.

Das klingt alles sehr kompliziert. Wird es irgendwann ein bundesweit einheitliches Verfahren für die Vergabe von Studienplätzen geben?

Vorbild Siegen

Die Universität Siegen hat die Zahl ihrer zulassungsbeschränkten Studiengänge seit dem Wintersemester 2007/08 von elf auf fünf halbiert.

Wie das ging? „Wir haben mit Studienbeiträgen Lehrpersonal eingestellt, vor allem in den stark nachgefragten Fächern. Auf diese Weise kann man dem Zulassungsproblem begegnen”, sagt Uni-Sprecher Ullrich-Eberhardt Georgi. Er glaubt allerdings nicht an einen großen Erfolg der neuen Online-Studienplatzbörse: „Das löst das Grundproblem nicht, dass sich die Leute gleich an zehn Unis gleichzeitig bewerben.”

Vielleicht zum Wintersemester 2011/12. Über 90 Prozent der Hochschulen haben zugestimmt, sich am so genannten „Dialogorientierten Serviceverfahren” zu beteiligen. Federführend ist dabei die ZVS, die für diesen Zweck in eine Servicestelle umgebaut wird, die für ganz Deutschland zuständig sein wird.

Warum dauert das noch so lange?

Weil sich Hochschulen und ZVS lange nicht einigen konnten. Die Hochschulen bestehen darauf, dass Bewerbungen auch an den einzelnen Unis und FHs möglich sein müssen und nicht nur in einer „Zentrale”. Allerdings: Eine Software, die so komplizierte Vorgänge bewältigen kann, gibt es nicht. Ihre Entwicklung wird gerade erst ausgeschrieben. Frühestens in zwei Jahren könnte diese Software einsatzbereit sein.

Was bedeutet das für die künftigen Studenten?

Vermutlich weiter Chaos. „Es ist völlig grotesk, dass wir es in Deutschland nicht schaffen, ein vernünftiges Vergabesystem zu installieren”, sagt Thimo von Stuckrad vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zur WR. Er nennt als gutes Beispiel Großbritannien mit dem System „UCAS”, an dem sich dort fast alle Hochschulen beteiligten.

Wie beurteilen das die Hochschulen?

Viele Rektorate glauben, dass sie durchaus ohne ZVS zurechtkommen könnten. Ludwig Ciesielski (Uni Duisburg-Essen): „Wir haben inzwischen viel Erfahrung. Wir wissen, wie viele Bewerber einen Studienplatz annehmen. Das kann man gut berechnen.”

Was kann man Schulabgängern raten?

Flexibel sein. Nicht auf wenige Fächer konzentrieren, sondern Nischen suchen: Es gibt fast 10 000 Studiengänge in Deutschland. In Ostdeutschland ist die Ausbildung gut und das Problem mit Zulassungsbeschränkungen kleiner als im Westen.

  • Lesen Sie dazu den Kommentar von Matthias Korfmann