Bochum. In der Bochumer Beratungsstelle für Arbeitslose zeigt man sich empört über einen Entscheid des Kölner Landgerichts. Per einstweiliger Verfügung wurde der Westdeutschen Lotterie vorerst verboten, Sportwetten an Hartz-IV-Empfänger zu verkaufen.

Einen „unfassbaren Eingriff“ und eine „Unverschämtheit“ nannte Ute Auer von der Bochumer Beratungsstelle für Arbeitslose einen Entscheid des Kölner Landgerichts. Per einstweiliger Verfügung hatte das Gericht der Westdeutschen Lotterie vorerst verboten, Sportwetten an Hartz-IV-Empfänger zu verkaufen.

Beantragt hatte die einstweilige Verfügung der private Sportwetten-Anbieter Tipico mit Sitz auf Malta. Deren Vorwurf, Westlotto habe gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und den seit 2008 bestehenden Glücksspielstaatsvertrag verstoßen, bewertete das Gericht als glaubhaft.

Im Glücksspielstaatsvertrag ist unter anderem der Schutz von Personen, die „...ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen“ festgehalten. Im Fall einer Zuwiderhandlung droht West Lotto ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro.

Empörung im Internet

In ersten Reaktionen hatten sich Hartz-IV-Empfänger in Internetforen empört geäußert, das Erwerblosen Forum Deutschland rief zu öffentlichen „Outing“-Aktionen auf, „um das Ganze ad absurdum zu führen“, wie Martin Behrsing vom Erwerblosen Forum mitteilte. „Hier wird Hartz-IV-Empfängern unterstellt, sie könnten nicht mit ihrem Geld umgehen!“, zeigte er sich erbost.

Doch erstens geht es in der Gerichtsverfügung nur um Sportwetten, das normale „6 aus 49“-Lotto bleibt davon unberührt. Und der Käufer selbst bleibt im Fall einer getätigten Wette unbelangt.

Landgericht gibt Entwarnung

Dr. Dirk Eßer, Pressesprecher des Landgerichts Köln gibt Entwarnung: „Die Beweislast liegt in diesem Fall beim Antragsteller. Auch eine Nachforschungspflicht seitens des Verkäufers besteht nicht.“ Nur bei Bekanntsein eines Grundes für eine sogenannte Fremdsperre habe der Wettverkäufer die Pflicht einzuschreiten.

Ein Beispiel: Ein bekanntermaßen mittelloser Mann bittet den Kioskbesitzer, keine Wetten mehr von seiner spielsüchtigen und ebenfalls verarmten Ehefrau anzunehmen. In dieser Situation müsse der Kioskbesitzer eine Wettannahme verweigern. Im Fall eines Gewinns muss der wettfreudige Hartz-IV-Bezieher übrigens auch nicht fürchten, den Gewinn nicht ausgezahlt zu bekommen: „Die Gewinnauszahlung wird nicht in Frage gestellt.“, betont das Landgericht Köln.