Bochum.

Der Bochumer Hartz-IV-Empfänger Michael Galynskij (51) befindet sich im Hungerstreik. Er protestiert gegen die Kürzung seiner Bezüge. Die Arbeitsagentur spricht von einem Formfehler. Galynskij will dennoch weitermachen.

Schon seit vier Tagen hat er nichts mehr gegessen. Michael Galynskij zeigt auf die Wasserflasche vom Discounter. Das sei jetzt seine einzige Nahrung. Er erzählt, dass er im Herbst 52 Jahre alt wird. „Wenn ich das hier überlebe.“

Der Hartz-IV-Empfänger ist in den Hungerstreik getreten, weil ihm die Behörden die monatliche Unterstützung von 1050 Euro auf 425 Euro zusammenstrichen. Galynskij und Ehefrau Natalja (53), die aus der Ukraine stammen, sollen auch die Familienwohnung in Weitmar verlassen. Das wollen sie nicht.

Galynskij erzählt seine Lebensgeschichte – und die beginnt für ihn mit dem ersten Kontakt zu deutschen Behörden. Schon als er im November 2000 zum ersten Mal deutschen Boden betrat, habe man ihm den Aufenthalt nicht gegönnt. „Nach drei Monaten musste ich zum Konsulat.“ Das Visum lief zum ersten Mal ab – und damit auch alle Hoffnungen: „Ich hatte mir gedacht, dass man in diesem Land leben kann. Meine Mutter war ja schon hier.“

„Die wollen mich vernichten.“

Mittlerweile hat Michael Galynskij zwar eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Dafür aber umso mehr Ärger mit anderen Behörden. Der gebürtige Ukrainer erzählt, wie er sich mit der Arge herumärgern muss. Er verflucht die Mitarbeiter, die er alle mit Namen kennt. „Die wollen mich vernichten.“

Gegen Kürzungen der Hartz-IV-Leistungen zog er vor Gericht. Er zitiert auch die Namen von Richtern und Rechtspflegern. Recht sprachen sie ihm nicht zu. Galynskij zeigt Papiere, die er nicht alle versteht. Wieder Hass: „Dieses System vernichtet meine menschlichen Rechte.“

Er sieht den deutschen Staat in der Schuld, für ihn aufzukommen. Seine Vorfahren seien von Deutschen ermordet worden. Das versuche man jetzt wohl auch mit ihm. Natalja schüttelt den Kopf und blickt mitleidig zum Gatten hinüber. Sie habe Angst um ihren Mann: „Eine traurige Geschichte.“

Auf WAZ-Nachfrage recherchiert die Arge – mit überraschendem Ergebnis: „Die Sanktionen gegen Herrn Galynskij sind aufgehoben worden“, sagt die stellvertretende Sprecherin Kornelia Pertzsch. Es habe sich um einen Formfehler gehandelt. Michael Galynskij erhalte jetzt einen Änderungsbescheid und sein Geld.

Hungerstreik endet erst, wenn Geld auf dem Konto ist

Gegenüber der Arbeitsagentur habe Galynskij bestritten, in den Hungerstreik getreten zu sein. An einen Hungerstreikenden Hartz-IV-Empfänger kann sich bei der Arbeitsagentur auch niemand erinnern: „Diesen Fall haben wir noch nie gehabt“, sagt Pertzsch. Wer Probleme habe, bekomme auch psychologische Unterstützung durch die Arge. Grundlos werde normalerweise keinem Kunden das Geld gestrichen, sagt Kornelia Pertzsch. „Grundsätzlich hat jeder Kunde die Möglichkeit, sich mehrfach zu äußern.“ Oft bleibe es nur bei der Androhung, das Geld zu kürzen. Sogar Menschen, die jegliche Arbeit ablehnen, erhielten noch eine zweite Chance.

Michael Galynskij will sich mit der telefonischen Zusage durch die Arge noch nicht zufrieden geben. Er traue dem Braten noch nicht. Er wolle erst das Geld auf seinem Konto sehen. „Wie viele Fehler wollen die denn noch machen?“ Deshalb sei sein Hungerstreik auch noch nicht beendet. „Ich mache weiter.“ Mit welchem Ergebnis, das müsse sich noch zeigen. „Das ist auch ein Experiment.“