Bochum. . Talina ist endlich schmerzfrei. Ärzte haben einen drei Zentimeter großen Polypen aus dem Darm der Vierjährigen entfernt. Sonst hätte die Situation lebensbedrohlich enden können. Talina leidet unter dem seltenen Peutz-Jeghers-Syndrom.
Talina kann wieder lachen. „Sie ist schmerzfrei, fröhlich, unbeschwert und nicht mehr so zickig“, freut sich Martina Wilck – und zaubert damit auch ein Lächeln auf das Gesicht von Prof. Dr. Gabriela Möslein, Chefärztin für Allgemein- und Viszeralchirurgie am St. Josefs-Hospital Linden.
Mutter und Tochter Wilck verbindet nicht nur eine innige Liebe, sondern auch ein seltenes Leiden: das Peutz-Jeghers-Syndrom. Bei der erblichen Darmerkrankung entstehen Polypen, die so groß werden können, dass sie operativ entfernt werden müssen, um keinen lebensgefährlichen Darmverschluss zu erzeugen. Martina Wilck (30) hat die Erkrankung von ihrem Vater geerbt. Seit ihrem zwölften Lebensjahr kämpft sie gegen die Polypen an. Immer wieder muss sich die Lokführerin Eingriffen unterziehen. Zweimal musste die Karlsruherin bereits notoperiert werden.
Ihre Hoffnung, die Krankheit nicht an ihre Kinder weitergegeben zu haben, schien sich bei Tamino zu erfüllen: Der Siebenjährige ist kerngesund. Die Bauchschmerzen, die Tochter Talina im letzten Jahr quälten, mochte die Mutter auch deshalb nicht auf die Erbkrankheit zurückführen: „Es hieß, dass das Peutz-Jeghers-Syndrom unmöglich mit drei Jahren auftreten kann. Ich war damals ja auch viel älter.“
Frühzeitige Behandlung lebenswichtig
Talinas Bauchschmerzen wurden schlimmer, die Ärzte in Baden ratloser. Martina Wilck suchte Hilfe - und fand sie in Linden. Prof. Dr. Möslein gilt weit über die Helios-Klinik hinaus als Kapazität bei Darmerkrankungen. Auch das Peutz-Jeghers-Syndrom ist der Ärztin wohl bekannt: Vor 15 Jahren gründete sie die erste und einzige Selbsthilfegruppe, die Betroffenen aus dem gesamten Bundesgebiet einmal jährlich ins Josefs-Hospital führt. Aus ihrer langjährigen Erfahrung heraus weiß sie: „Viele Patienten werden falsch behandelt. Oft werden Symptome wie chronische Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auf die Psycho-Schiene geschoben. Die Folgen sind gravierend. Weil eine frühzeitige Behandlung ausbleibt, müssen Erkrankten Teile des Dünndarms entfernt werden.“
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Ende 2010 reiste Martina Wilck mit ihrer inzwischen vierjährigen Tochter nach Bochum. Weil eine Kamerakapsel erst ab acht Jahren in den Dünndarm eingeführt werden kann, wurde bei Talina eine Untersuchung im Kernspin-Tomographen vorgenommen. Die Befürchtungen bestätigten sich: Das Mädchen leidet unter der gleichen Krankheit wie seine Mutter. Im Helios-Krankenhaus Wuppertal-Barmen, die über eine Kinderklinik verfügt, entfernte die Bochumer Professorin im Dezember einen drei Zentimeter großen Polypen: „Die Kleine muss unter furchtbaren Schmerzen gelitten haben.“
Wiederkehrende Lebensfreude nach OP
Nach einigen Tagen der Nachbehandlung und Ruhe konnten Mutter und Tochter heim nach Karlsruhe fahren. Während Martina Wilck alsbald einen weiteren Eingriff über sich ergehen lassen muss, werde Talina „in den nächsten Jahren polypenfrei sein“, verheißt Prof. Dr. Möslein.
„Seit der OP habe ich eine andere Tochter. Sie hat die Lebensfreude wiederentdeckt, ist das blühende Leben“, bedankt sich Martina Wilck im WAZ-Gespräch beim Helios-Team. Wie dramatisch die Situation war, verrät die Chefärztin, als Mama aus dem Raum ist: „Es hätte lebensbedrohlich werden können.“