Bochum. Große Ehre für das Schauspielhaus Bochum: Der neue Text von Star-Autorin Elfriede Jelinek kommt Open Air auf den Vorplatz. So laufen die Proben.

Für Theatergänger ist dies ein Angebot, das man nicht ablehnen kann: Die österreichische Autorin Elfriede Jelinek, vor 20 Jahren mit dem Literaturnobelpreis geehrt, gibt ihren neuen Text nicht etwa nach München, Wien oder Berlin – sondern ans Schauspielhaus Bochum. Unter dem Titel „Die Schutzbefohlenen – Was danach geschah“ erlebt das brandneue Werk seine Uraufführung am Sonntag, 2. Juni, um 19 Uhr bei freiem Eintritt auf dem Vorplatz. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit.

Uraufführung bei freiem Eintritt vor dem Schauspielhaus Bochum

Denn bei dem Dauerregen der letzten Tage konnte das Stück, das Intendant Johan Simons mit Laiendarstellern und Profis aus dem Ensemble einrichtet, noch kein einziges Mal Open Air geprobt werden. Bislang laufen sämtliche Vorbereitungen auf der Probebühne im Malersaal. Stattfinden soll die Uraufführung aber auf jeden Fall: entweder auf den Stufen vor dem Theater oder alternativ im großen Saal bei weiterhin freiem Eintritt.

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Das Stück ist die Fortsetzung von Jelineks viel beachtetem „Die Schutzbefohlenen“ (2013), in dem sich die Autorin kritisch mit der europäischen Flüchtlingspolitik auseinandersetzt und die schweren Bootsunglücke auf dem Mittelmeer anprangert. Ihren neuen Text schrieb sie ungewöhnlich schnell: Er entstand vor dem Hintergrund eines Geheimtreffens Rechtsextremer in einer Villa in Potsdam, aufgedeckt im Januar vom Recherche-Netzwerk „Correctiv“.

Die Proben für die Open-Air-Vorstellungen von „Die Schutzbefohlenen – Was danach geschah“ auf der Probebühne im Schauspielhaus Bochum laufen auf Hochtouren. Gespielt werden soll das Stück ab Sonntag auf dem Vorplatz.
Die Proben für die Open-Air-Vorstellungen von „Die Schutzbefohlenen – Was danach geschah“ auf der Probebühne im Schauspielhaus Bochum laufen auf Hochtouren. Gespielt werden soll das Stück ab Sonntag auf dem Vorplatz. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Mit der Uraufführung hat das Schauspielhaus nicht lange gezögert: „Wir wollten es sofort machen, möglichst noch vor der EU-Wahl, um damit auch auf die aktuelle politische Situation zu reagieren“, sagt Chefdramaturgin Angela Obst. So sei die Aufführung eine Art „Intervention“: „Wir spielen es für jeden sicht- und hörbar in den Stadtraum hinein“, sagt Johan Simons. Ob die öffentlichkeitsscheue Autorin zur Uraufführung kommen wird, ist allerdings wenig wahrscheinlich.

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Mit Open-Air-Theater hat das Schauspielhaus gute Erfahrungen gemacht, seit „Hoffen und Sehnen“ im Sommer 2022 zu einem großen Erfolg wurde. Damals wurde eigens eine große Tribüne auf dem Hans-Schalla-Platz aufgebaut, was ein enormer (auch finanzieller) Aufwand war. Diesmal scheint alles eine Nummer kleiner zu sein: Es gibt Licht und Musik, aber keine Tribüne und auch kein größeres Bühnenbild, von der schöner Fassade des Schauspielhauses einmal abgesehen. Einige Zuschauer können auf Stühlen oder Kissen sitzen, andere stehen.

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Schauspieler sitzen auf bekannten Stühlen

Kleiner Insiderwitz für Theaterfans: Das 15-köpfige Ensemble sitzt während der Aufführung auf denselben Schulbänken, die bereits in Simons Inszenierung von „Der Würgeengel“ mit Sandra Hüller zu sehen waren. Bislang ringen die Schauspieler noch auf der Probebühne mit Jelineks Text, die Probe am Mittwochmittag läuft entspannt, aber konzentriert ab.

Mit dem Stück “Hoffen und Sehnen“ feierte das Schauspielhaus Bochum vor zwei Jahren auf dem Vorplatz einen großen Erfolg. Eine eigene Zuschauertribüne wird diesmal aber nicht aufgebaut, auch das Bühnenbild wird eher schlicht.
Mit dem Stück “Hoffen und Sehnen“ feierte das Schauspielhaus Bochum vor zwei Jahren auf dem Vorplatz einen großen Erfolg. Eine eigene Zuschauertribüne wird diesmal aber nicht aufgebaut, auch das Bühnenbild wird eher schlicht. © Schauspielhaus Bochum | Fatih Kurceren

Der Text wird vom Ensemble chorisch gesprochen, was nicht leicht einzustudieren ist. An jedem Satz, an jeder Betonung wird ausgiebig gefeilt. Wie bei Proben üblich, hält es den Intendanten nicht lang auf seinem Sitz: Er erklärt viel, lobt gern – und lässt die gleichen Textstellen immer und immer wiederholen.

Erster Auftritt im Schauspielhaus Bochum

Die vielen Laien im Ensemble sind mit Herz bei der Sache: „Der Text ist schwierig, aber es macht großen Spaß“, sagt Nahel Moustafa, der auch schon in anderen Theatergruppen spielte. Doch dies ist sein erster Auftritt am Schauspielhaus Bochum – und dann direkt in einer Jelinek-Uraufführung. Respekt!

Dauer: etwa 50 Minuten. Weitere Termine: 4., 9., 19 und 26. Juni. Eintritt frei.

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