Bochum. Marlies Ulrich aus Bochum ist tief betroffen: Das Familiengrab wurde leergeräumt. Ein trauriger Einzelfall? Das sagen Stadt und Polizei.
Marlies Ulrich steht vor dem Grab und kann es immer noch nicht fassen. Metalldiebe haben vor wenigen Tagen die letzte Ruhestätte ihrer Eltern auf dem städtischen Friedhof in Bochum-Weitmar leergeräumt. „Drei Gegenstände aus Bronze sind weg“, sagt die 72-Jährige. Den Schaden beziffert sie auf 3000 bis 4000 Euro. Nicht greifbar ist indes, was das Ganze emotional mit ihr macht.
Bochumerin entsetzt: Metalldiebe räumen Grab der Eltern ab
„Ich bin wirklich tief betroffen“, sagt Marlies Ulrich. Zunächst schien sie noch Glück gehabt zu haben. „Schon am 5. April haben mein Mann und ich bemerkt, dass sich jemand an einigen Gräber zu schaffen gemacht haben muss“, berichtet sie. Viele bronzene Vasen, die an massiven Steinsockeln befestigt sind, seien umgestoßen worden. Und Kerzenhalter aus Metall seien weg gewesen. „Bei uns am Grab war da noch alles in Ordnung.“
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Das änderte sich eine Woche später. Als Marlies Ulrich und ihr Mann am Freitag, 12. April, zum Friedhof an der Ecke Hattinger Straße/Schloßstraße kamen, sahen sie die Bescherung. „Die massive, 40 Zentimeter hohe Madonna wurde aus dem Grabstein gerissen. Auch die Blumenschale und die Vase waren weg.“ Alle Gegenstände seien aus Bronze und extra an dicken Steinen befestigt gewesen. „Damit man die eben nicht so einfach klauen kann.“
Daher glaubt Marlies Ulrich, dass die Täter den Friedhof vorher schon ausgekundschaftet haben und dann später mit dem passenden Werkzeug angerückt sind. „Die müssen da mit einem Fäustel zu Werke gegangen sein. Das war alles massiv und fest verankert.“ Auf anderen Gräbern in der Nachbarschaft sei auch einiges geklaut worden, zeigt sie bei einem Rundgang. Vielfach haben die Metalldiebe aber offenbar auch aufgegeben. „Das sieht man daran, dass die Gegenstände schräg aus der Erde ragen. Die haben sie nicht vom Sockel gelöst bekommen.“
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Marlies Ulrich hat da einen Blick für. Sie war früher Kriminalbeamtin. Angefangen hat sie auf der berühmten Davidwache in St. Pauli in Hamburg, später ließ sie sich dann in ihre Heimatstadt Bochum versetzen. „Ich habe also einiges erlebt und dachte, dass mich so etwas kaltlässt. Aber nein...“ Wenn man persönlich betroffen ist, sei das schon etwas anderes. Die Nacht auf den Samstag habe sie kaum schlafen können, so aufgewühlt sei sie gewesen.
Für ein Neubaugebiet: Friedhof in Bochum-Weitmar wird aufgegeben
Man merke, dass der Friedhof bald aufgeben wird, sagt Marlies Ulrich. „Hier ist kaum noch ein Mensch. Auch die Tore werden nicht mehr abgeschlossen.“ Der Friedhof soll ja bekanntlich bebaut werden. Auf der anderen Seite der Schloßstraße werden für das geplante Wohnquartier ja schon die Vorbereitungen getroffen. Dass sie ihre Eltern bald nicht mehr besuchen kann, ist für Marlies Ulrich schon komisch. „Oma und Opa liegen auch hier begraben“, sagt sie. Am 9. Januar 2027 laufe das Grabnutzungsrecht aus. „Wir überlegen, das Grab schon früher einebnen zu lassen“, sagt Ulrich. Noch einmal in neuen Grabschmuck investieren wolle sie nach der jüngsten Erfahrung jedenfalls nicht.
Bei ihren Kollegen von der Polizei hat Marlies Ulrich natürlich Anzeige erstattet. Große Hoffnung, dass der oder die Täter gefasst werden, besteht allerdings nicht. „In solchen Fällen gibt es in der Regel ja wenig Hinweise“, sagt Polizeisprecher Jens Artschwager auf WAZ-Anfrage. Das sei für die ermittelnden Kollegen sehr frustrierend.
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Tendenziell seien in den vergangenen Jahren weniger Metalldiebstähle auf Bochumer Friedhöfen zu verzeichnen. Das müsse aber nicht unbedingt etwas heißen. „Es dürfte eine erhebliche Dunkelziffer an nicht gemeldeten Vorfällen geben“, vermutet Artschwager. Er appelliert an alle Betroffenen, in jedem Fall Anzeige zu erstatten. „Einer Straftat, von der wir nichts wissen, können wir auch nicht nachgehen.“
Metalldiebstähle: Stadt Bochum freut sich über weniger Vorfälle
„Wir beobachten auf unseren städtischen Friedhöfen erfreulicherweise aktuell keine gehäuften Fälle von Metalldiebstählen“, teilt Stadtsprecherin Tanja Wissing auf WAZ-Anfrage mit. „Meldungen von betroffenen Angehörigen erreichen uns dazu weniger als fünf über das Jahr verteilt.“ Das könne aber auch daran liegen, dass sich Betroffene direkt an die Polizei wenden. „Natürlich sind unsere Kollegen auf den Friedhöfen präsent und schauen nach dem Rechten, aber dies ist nicht zu jeder Zeit möglich.“