Bochum. Die Kreuzung am Schauspielhaus soll für Radfahrer entschärft worden sein. Wirklich? Es gibt Kritik an der Verkehrsführung. Ein Selbstversuch.

Angst essen Seele auf. Der WAZ-Reporter stärkt sich mit einem Protein-Riegel, bevor er sich auf den Sattel schwingt. Stahl in Gefahr: Es gilt, im Selbstversuch mit dem E-Bike eine der brenzligsten Kreuzungen Bochums zu testen.

Am Schauspielhaus, wo sich die Viktoriastraße, Oskar-Hoffmann-Straße, Hattinger Straße und Königsallee begegnen, warnt die „Radwende“ vor einer „gefährlichen Verkehrsführung für den Rad- und Fußverkehr“. Zwar wurde der Knotenpunkt von der Stadt neu gestaltet. Doch schnell werde klar, dass dem motorisierten Verkehr weiterhin „alles untergeordnet wird“, bemängeln die Velo-Aktivisten.

Problemkreuzung in Bochum: Radwende kritisiert gefährliche Radwegplanung am Schauspielhaus

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    WAZ-Test: Freie Wildbahn für Radfahrer auf der Hattinger Straße

    Ab aufs Dienstrad. Ab zur Hattinger Straße, wo die Selbsterfahrung beginnen soll. Hier, gerade hier, ist das Linksabbiegen laut „Radwende“ besonders riskant. In der Tat: Wähnt man sich beim Radeln stadteinwärts auf dem rot markierten Radweg sicher, wechselt man beim Versuch, auf die Linksabbiegespur Richtung Viktoriastraße einzufädeln, gefühlt auf die freie Wildbahn.

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    Kein Auto-, erst recht kein Lkw-Fahrer geht kurz vom Gas, um dem armen Tropf mit ausgestrecktem linkem Arm gnädigst eine Lücke zu gewähren. Heißt: Warten, bis die Blechkarawane kurzzeitig abreißt. Jetzt schnell rüber – und bei Grün ordentlich in die Pedalen treten.

    Die Kreuzung am Bochumer Schauspielhaus wurde mit neuen, rot markierten Radwegen versehen. Die Initiative „Radwende“ spricht von einer Fehlplanung.
    Die Kreuzung am Bochumer Schauspielhaus wurde mit neuen, rot markierten Radwegen versehen. Die Initiative „Radwende“ spricht von einer Fehlplanung. © WAZ Bochum | Cristóbal Márquez

    Wer links abbiegen will, muss aufmerksam und mutig sein

    Ähnlich bange Blicke ruft das Linksabbiegen von der Oskar-Hoffmann- auf die Königsallee hervor. Auch hier rückt der rote Sicherheitsstreifen in weite Ferne. „Man muss schon geübt sein, um hier klarzukommen“, sagt der blau behelmte Günther (63), der auf seinem Rennrad auf Grün lauert, und schaut den WAZ-Mann fast mitleidig an. Eine Seniorin hat die Nerven offenbar nicht. Sie steigt ab und benutzt die Fußgängerampel.

    Fazit nach mehreren Testrunden: Die neuen Radwege machen das Radeln sicherer: allerdings nur für Biker, die schnurstracks geradeaus unterwegs sind oder rechts abbiegen. Radler, die nach links wollen, müssen sehr aufmerksam und mutig sein. Für sie hat sich nichts verbessert.

    „Radwende“ warnt auch vor Gefahren für Fußgänger

    Die Radwende ätzt: Linksabbiegen für den Radverkehr sei auf der Schauspielhaus-Kreuzung „planerisch nicht vorgesehen“ und „nur unter Gefahren oder mit erheblichem Zeitverlust möglich“. Während Pkw unproblematisch aus allen Richtungen auf mehreren Spuren komfortabel über die Kreuzung fahren könnten, müssten Fußgänger und Radfahrer viel Zeit mitbringen.

    Weitere Konflikte seien programmiert, so die „Radwende“. Wer mit dem Rad von der Hattinger Straße Richtung City abbiegt, landet auf einem kombinierten Fuß- und Radweg. Fußgänger warten hier an der Ampel. Das dürfe nicht sein: „Um Konflikte zu reduzieren, darf es keine gemeinsamen Rad- und Gehwege geben. Dies ist erklärtes Ziel der Rathaus-Koaliton“, bekräftigt die Initiative.

    WAZ-Reporter Jürgen Stahl beim Test: Ist die Kreuzung am Bochumer Schauspielhaus für Radfahrer weiterhin gefährlich?
    WAZ-Reporter Jürgen Stahl beim Test: Ist die Kreuzung am Bochumer Schauspielhaus für Radfahrer weiterhin gefährlich? © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

    Am Rathaus sind Radfahrer jetzt ein Stück sicherer

    Die aktuelle Situation solle eine Übergangslösung sein. „Es ist jedoch allen bewusst, dass diese Situation über viele Jahre Bestand haben wird. Wir sind mit dieser Übergangslösung nicht einverstanden, geht von ihr doch ein klares Signal pro MIV (motorisierter Individualverkehr, die Red.) und kontra Nahmobilität aus, bei der zudem Gefahren für die schwächsten Verkehrsteilnehmer für unbestimmte Zeit in Kauf genommen werden.“

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    Wie ein langjähriger Unfall-Brennpunkt dauerhaft entschärft werden kann, zeigt sich derweil auf der Hans-Böckler-Straße. Ein neu angelegter Radweg verhindert, dass Radfahrer – wie mehrfach geschehen – mit den Reifen in die Straßenbahnschienen geraten und stürzen. Die Fahrradverbände zeigen sich zufrieden: auch wenn die Stadt hier deutlich zu spät gehandelt habe.

    Infos: radwende-bochum.de