Bochum. Die Lage spitzt sich zu: Familien in Bochum wurden nun auch von der zweiten Schule abgelehnt. Eltern sind sauer: „Die Alternative ist so nah.“

„Wir haben telefonisch Bescheid bekommen. Das erste, was man macht, ist, heulend zusammenbrechen“, sagt Janine Risken. Nachdem ihre Tochter Lena bereits eine Absage der Graf-Engelbert-Schule (GES) bekommen hat, folgte jetzt auch die der Schiller-Schule. Nun gibt es nur noch freie Plätze an Gymnasien in Wattenscheid, Langendreer, Linden und Gerthe. Das bedeutet: Bis zu einer Stunde Schulweg.

„Die Gymnasien im Umkreis haben nun alle keine Plätze mehr frei“, sagt Risken mit Blick auf den Ablehnungsbescheid, den sie nach dem Telefonat an der Schiller-Schule abgeholt hat. „Die Graf-Engelbert-Schule wäre für uns logistisch am einfachsten gewesen“, so die Mutter. Aus Stiepel würde ein Bus direkt dorthin fahren. „Dazu hätte es die Möglichkeit gegeben, mit dem Fahrrad zu fahren, über einen abgetrennten Radweg.“

Absage von Gymnasien im Innenstadtbereich: Kindern droht nun eine Stunde Schulweg

Risken rechnet vor, wie die Fahrtwege zu den anderen Schulen nun wären: „Zum Märkischen Gymnasium in Wattenscheid wären es mit dem Bus etwas mehr als 50 Minuten. Hinzu kommt eine sehr enge Taktung.“ Bei der Busverbindung müsste ihre Tochter mindestens einmal umsteigen. „Die Kinder haben dafür nur zwei, drei Minuten und müssen teils mehrspurige Straßen überqueren.“

„Mein Kind muss viel früher aufstehen, muss aber genauso ausgeschlafen sein, um die gleiche Leistung zu bringen.“
Janine Risken - Ihre Tochter Lena hat auch von einem zweiten Gymnasium die Absage bekommen

Ähnlich sei es auf dem Weg zur Theodor-Körner-Schule in Linden, wo ihr Kind zweimal aussteigen müsste und ebenfalls 45 bis 60 Minuten pro Strecke brauchen würde. „An der zweiten Haltestelle gibt es eine Ampel, es ist also nicht gefährlich die Straße zu überqueren, aber wir kennen alle den Berufsverkehr. Ist die Ampel rot, ist der Bus schnell weg. Das kommt erschwerend hinzu.“ Mit Bus und Bahn zur Lessing- oder Heinrich-von-Kleist-Schule kommen, würde für das Mädchen ähnliche Entfernungen bedeuten.

So sah der erste Ablehnungsbescheid aus, den Lena bekommen hat. Kurz darauf folgte der zweite.
So sah der erste Ablehnungsbescheid aus, den Lena bekommen hat. Kurz darauf folgte der zweite. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Mein Kind muss viel früher aufstehen, muss aber genauso ausgeschlafen sein, um die gleiche Leistung zu bringen“, sagt Risken. Das Heinrich-von-Kleist-Gymnasium sei eine Ganztagsschule, dreimal die Woche ginge der Unterricht bis 15 Uhr. „Dann ist sie vor 16 Uhr nicht zuhause. Wann soll sie dann noch zum Sport gehen oder Freunde treffen? Dabei ist die Alternative so nah.“

Gute Nachricht für andere Familien – mit schlechtem Gewissen gegenüber den anderen

Gute Nachrichten gibt es hingegen für andere Kinder, so unter anderem für den Sohn von Christopher Lensing. In der zweiten Anmelderunde hat er einen Platz an der Goethe-Schule bekommen, die auch der große Bruder besucht. Doch der Vater gibt auch zu Bedenken: „Man kann sich gar nicht so richtig freuen, hat ein schlechtes Gewissen gegenüber den anderen Kindern.“

Die Familie Lensing wohnt ungefähr 700 Meter entfernt von der Graf-Engelbert-Schule. Die Eltern haben ihren neunjährigen Sohn dort angemeldet. Der Viertklässler geht auf eine benachbarte Grundschule, wie auch seine Freunde möchte er auf das Gymnasium wechseln, das sich ganz in der Nähe befindet. Doch er bekommt eine Absage. Wie auch 70 andere Kinder, die gerne auf die Graf-Engelbert-Schule oder das Neue Gymnasium gehen wollten. Doch: Die Bezirksregierung stimmte einer zusätzlichen Klasse an der GES nicht zu. Ein Schock für viele Eltern.

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Christopher Lensing macht klar: „Wir sind glimpflich davongekommen.“ Zwar habe sein Sohn nun auch einen deutlich längeren Schulweg, doch das sei nichts im Vergleich zu der Situation von anderen Kindern. „Wir werden nun für diese Familien mitkämpfen“, sagt der Vater.