Bochum. Weil sie Bänke ohne Sondererlaubnis auf dem Gehweg aufstellten, griff das Ordnungsamt Bochum ein. Die Geschäftsleute wollen das nicht glauben.

Rund elf Jahre stand sie dort, seit Elena Feller ihr Optiker-Geschäft an der Alten Hattingerstraße in Bochum-Ehrenfeld eröffnet hat: Eine schmucke Holzbank, mit bunten Kissen in wechselnden Farben. Dann kam das Ordnungsamt zu Besuch und teilte mit: Die Bank soll weg!

Eine Sondergenehmigung fehle, um die Bank vor dem Geschäft – im öffentlichen Raum – abzustellen, so die Begründung der Behörde. Nicht nur Optikerin Feller ist betroffen, auch weiteren Geschäftsinhabern im Ehrenfeld sollte die Sitzgelegenheit gewissermaßen unterm Hintern weggezogen werden: zum Beispiel Schmuckdesignerin Heike Hornschuch vom Laden „Silberschön“ und Tätowierer Steven Neef vom Studio „Ad Infinitum Tattoo“.

„Die Bänke haben das Viertel aufgewertet“

Sie alle können es nicht glauben, dass die gern genutzten Sitzgelegenheiten verschwinden sollen. „Die Bänke haben das Viertel aufgewertet“, sind sich die drei sicher. Ob für Eis essende Kinder, wartende Ehemänner, stillende Mütter oder verweilende Spaziergänger – die Bänke wurden gerne angenommen. „Gestört haben sie nie“, ist sich Heike Hornschuch sicher.

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Umso unverständlicher für sie, dass die Stadt mit einem Mal scheinbar ohne Not und ohne vorliegende Beschwerde handelte. „Die Bänke haben nie die Verkehrssicherheit gefährdet, Kinderwagen den Weg versperrt oder den Gehweg in anderer Form blockiert“, so Hornschuch.

Ordnungsamt beruft sich auf das Straßen- und Wegegesetz

Doch die Ordnungsbehörde berief sich auf das Straßen- und Wegegesetz des Landes. Darin ist geregelt, dass die Nutzung der Straße „über den Gemeingebrauch“ hinaus einer Sondernutzungserlaubnis durch die Straßenbaubehörde bedarf. Einfach eine Bank auf den Gehweg zu stellen ist rechtlich vergleichbar mit unerlaubter Ablage von Hausmüll auf der Straße.

„Eine Sondernutzung für unsere Bank könnten wir in der Form aber nur bekommen, wenn wir ein Gastronomiebetrieb wären“
Heike Hornschuh und Elena Feller

Ob Werbetafel, Blumentopf, Stühle oder Bank: Sobald etwas dauerhaft im öffentlichen Raum steht, braucht man eine Extra-Erlaubnis dafür. „Eine Sondernutzung für unsere Bank könnten wir in der Form aber nur bekommen, wenn wir ein Gastronomiebetrieb wären“, sagen Hornschuch und Feller. Sie wären bereit, für die Möbel eine Gebühr zu entrichten. „So wie es scheint, ist das aber gar nicht möglich“, sagen die Bochumer.

Bochumer Geschäftsleute sehen Prinzipienreiterei

Der Kontakt mit dem Ordnungsamt, so betonen die Unternehmer, sei freundlich gewesen. „Die machen ja auch nur ihre Arbeit“, sagt Feller. Doch ob die „Prinzipienreiterei“ an dieser Stelle notwendig ist? Die Geschäftsleute haben ihre Zweifel.

Verbotene Geschenkkisten

Streng genommen auch verboten: Kisten mit der Aufschrift „Zu verschenken“ auf öffentlichen Gehwegen. Darin werden manchmal Bücher, Geschirr oder Deko angeboten.
Das kann die Stadt als wilde Ablagerung auslegen, die mit einem dreistelligen Bußgeld bestraft werden kann.

Eine Alternative ist es, die Kiste entweder auf sein Privatgrundstück zu stellen oder zum Beispiel bei Bars und Cafés anzufragen, ob man die Kiste dort ausstellen darf.

Dabei sind die Bochumer kein Einzelfall: In der Vergangenheit traf es in der gleichen Sache schon einen Friseur aus Frankfurt und einen Dessous-Laden aus Köln. In Heidelberg verscheuchte das Ordnungsamt einen 104-Jährigen von einem Klappstuhl vor seinem Haus.

In der Bonner Friedrichstraße hat sich ein Händler eines Tricks bedient: Er hat auf seine Bierbank ein Preisschild geklebt. Damit handelt es sich nicht mehr um eine Sitzgelegenheit, sondern um eine Warenpräsentation. Die – mit einem Augenzwinkern – natürlich auch mal ausprobiert werden muss. In Bochum versprach die Stadt auf Anfrage zunächst so viel: Man werde die Einzelfälle noch einmal prüfen.

Stadt Bochum lenkt ein: Die Bänke dürfen bleiben

Am Ende ging die Prüfung schnell, die Posse bekommt ein Happy End: Die Bänke dürfen bleiben, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk am Dienstagmittag. Er könne verstehen, dass die Ehrenfelder Kaufleute verblüfft über die Ansage vom Ordnungsamt waren. Dabei habe es sich um einen Fehler gehandelt, „das kann einer Verwaltung passieren“.

Die handelnden Kollegen hätten schlicht die Regelung nicht gekannt, die sich im Ehrenfeld, aber beispielsweise auch an der Alten Bahnhofstraße in Langendreer seit Jahren bewährt habe: Bänke auf dem Gehweg werden gebührenfrei geduldet, solange sie niemanden beeinträchtigen. Die Stadt stehe diesen Sitzmöglichkeiten „prinzipiell sehr aufgeschlossen gegenüber“, sagt van Dyk, „sie machen den Stadtteil attraktiver und sorgen für ein schönes Miteinander“.

Wenn man sich starr an die Gesetze halte, ja, dann könnte man darauf beharren, dass Außensitze ohne Genehmigung wegmüssten. „Man kann aber auch sagen, hier entsteht niemandem ein Schaden“, erklärt der Stadtsprecher, „ganz im Gegenteil: Das wertet die Straße auf.“ Die Stadt werde sich nun noch einmal mit den Geschäftsleuten in Verbindung setzen.

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