Bochum. Immer wieder warnt die Polizei vor Schockanrufen. Eine Bochumerin (73) fiel trotzdem beinahe auf die gemeine Masche rein. So erklärt sie das.
Der Schreck sitzt immer noch tief bei Helga P. Eigentlich heißt sie anders, aber ihren richtigen Namen möchte sie nicht veröffentlicht wissen. Etwa ein halbes Jahr ist es her, dass das Festnetztelefon der 73-jährigen Bochumerin klingelte. Am anderen Ende: angeblich die Polizei. Ihr Sohn habe auf einem Zebrastreifen ein Kind totgefahren. Jetzt sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, ihr Sohn brauche einen Anwalt – wie viel Geld sie denn dafür kurzfristig besorgen könne?
Schockanruf nennen Kriminalisten dieses oder ähnliches Vorgehen von Trickbetrügern, seit Jahren warnen sie davor. Helga P. sagt: „Ich wusste nichts von der Masche, dann hätte ich vielleicht anders reagiert.“ Doch die Bochumerin erlebt am eigenen Leib, wie wirkungsvoll die Psychostrategie der Kriminellen ist: Nähe schaffen durch den Verweis auf Verwandte, die angeblich in Schwierigkeiten stecken. Druck aufbauen, emotional und zeitlich.
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Um dem Sohn zu helfen, holt die Bochumerin 7000 Euro bei der Bank
„Ich hab so eine Angst gehabt“, erinnert sich die Rentnerin aus Werne, „das können Sie sich gar nicht vorstellen.“ Ihr Sohn, der doch immer so umsichtig fährt, bei der Polizei? Gar im Knast, wenn sie nicht schnell hilft? „Für ihn hätte ich alles versucht!“
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Also geht P. auf die Frage des Anrufers ein, überlegt fieberhaft, antwortet: 7000 Euro könnte sie beschaffen. Es folgen Anweisungen: Sie solle das Geld abheben, in den kommenden zwei Stunden mit niemandem darüber reden. Die Staatsanwaltschaft werde sich dann wieder melden, sie müsse das Geld dann zum Amtsgericht bringen. Ende des Gesprächs.
„Mutti, wie kannst du so was nur glauben?“, fragt der Sohn
„Ich war so nervös“, erinnert sich die 73-jährige Witwe. Sie habe Angst gehabt, selbst Auto zu fahren, deshalb ihre erwachsene Tochter angerufen. Ihr erzählt sie nur, dass sie zur Bank müsse. „Halt‘ ich für Quatsch“, sagt die Tochter, die nachbohrt. Sie dürfe nicht darüber sprechen, sagt die Mutter und setzt sich zunächst durch: Holt 7000 Euro von der Bank ab – und wartet dann auf den Anruf der Staatsanwaltschaft. Der kommt nicht. „Dann haben wir das Geld wieder zur Bank gebracht und sind zur Polizei gefahren. Da hab ich erfahren, dass das eine Betrugsmasche ist.“
Ihre Kinder hätten sie beide „zusammengestaucht“, erzählt Helga P. „Mutti, wie kannst du so was nur glauben?“, fragt der Sohn. „Liest du denn keine Zeitung?“, fragt eine Turnschwester aus dem Sportverein. „Ich war fix und alle“, sagt die 73-Jährige, „ich hab nur noch geweint.“
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Ab dem Moment, als der Anrufer vom Unfall ihres Sohnes gesprochen habe, sei ihre „Welt zusammengebrochen“, erinnert sie sich. Zweifel? Rationale Überlegungen? „Ab da hab ich nix mehr richtig wahrgenommen.“ Die Betrüger hätten doch außerdem ihren Namen gewusst, auch den ihres Sohnes. „Ich bin nah am Wasser gebaut, hab meinen Mann verloren, bin alleine, dann so ein Anruf...“
Bochumerin will andere warnen
Ein paar Tage später erfährt sie: Einer Bekannten ist dasselbe passiert. „Die ist über 80, da wollten sie 70.000 Euro haben. So viel hatte sie nicht im Haus.“ Nach dem Schock hat Helga P. versucht, ihr Umfeld zu warnen. „Ich hab alle angerufen, alle Verwandten und Bekannten.“ Die Botschaft: Fallt nicht auch drauf rein.
Die 73-Jährige selbst ist vorsichtig geworden. „Bei Nummern, die ich nicht kenne, geh‘ ich gar nicht mehr ran“, sagt sie. Auch die Tür öffne sie nicht mehr. „Die sollen mich alle in Ruhe lassen!“
Tipps zum Schutz: „Auflegen ist nicht unhöflich“
Trickbetrüger seien erfinderisch und hätten es vorrangig auf ältere Menschen abgesehen, sagt eine Sprecherin der Polizei Bochum. Bei verdächtigen Anrufen sei Vorsicht geboten – nicht nur von Senioren, sondern auch von Familienangehörigen.
Die Polizei gibt den Hinweis: „Auflegen ist nicht unhöflich!“
Diese Tipps gibt die Polizei. Ein Überblick:
1. Kein Geld und keine Wertgegenstände an unbekannte Personen übergeben. Vorsicht vor angeblichen Mitarbeitern von Banken, Staatsanwaltschaften, Gerichten oder Polizei.
2. Forderungen per Anruf nach Geld und Wertsachen mit Familienmitgliedern oder nahestehenden Personen besprechen.
3. Bei verdächtigen Anrufen auflegen und die Polizei unter der Nummer 110 informieren.
4. Zur Vorsorge: Vornamen im Telefonbuch kürzen lassen und die Anschrift entfernen lassen. So können Täter ihre vermeintlichen Opfer nicht mehr ausfindig machen. (Aus Herta Schmidt wird beispielsweise H. Schmidt)