Bochum. Bochum hatte 2023 so viele Einwohner wie lange nicht mehr. Zuwanderung ist der Hauptgrund. Ein Blick auf Details, zurück – und in die Zukunft.
„Nichts Neues: Einwohnerzahl sinkt“, schreibt die WAZ Bochum im Lokalteil im Februar 2006 und zeichnet eine eher düstere Prognose. Bis 2020 werde die Bevölkerung um sechs bis sieben Prozent sinken, heißt es unter Berufung auf zwei Prognosen von Stadt und Bertelsmann-Stiftung. Mit 355.000 Einwohnerinnen und Einwohnern rechnet die Stadt fürs Jahr 2020.
Es kam anders: Bochum wächst – und hatte Ende des vergangenen Jahres so viele Einwohner wie zuletzt 2007, nämlich knapp 374.000. „Szenarien benennen lediglich Entwicklungspfade, entlang derer sich eine Bevölkerungszahl ausgehend von den Trends der Vergangenheit und der derzeitigen Gegebenheiten entwickeln könnte“, ordnet Stadtsprecherin Charlotte Meitler ein. „Als Zukunftsmodelle weisen die Szenarien grundsätzlich Unsicherheiten auf.“
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Bochum: Seit den 70er-Jahren mehr Sterbefälle als Geburten
Die Prognosen der Nullerjahre fußten auf einer Entwicklung, die nicht nur in Bochum zu beobachten war: „In den 70er-Jahren wurden erstmals mehr Sterbefälle als Geburten in Bochum gezählt“, erklärt Charlotte Meitler. „Der negative Saldo aus der natürlichen Bevölkerungsbewegung hält über die Jahrzehnte bis heute an. In den letzten Jahrzehnten starben in Bochum mehr Menschen als Neubürgerinnen und -bürger geboren wurden.“
2013 verzeichneten die Statistiker den Tiefststand bei der Einwohnerzahl: Knapp 365.000 Menschen wurden da in Bochum gezählt – so wenig wie nie zuvor seit der kommunalen Neuordnung 1975. Der „positive Wanderungssaldo“ brachte die Trendwende – anders gesagt: Seit dem Jahr 2010 „ziehen mehr Neubürgerinnen und -bürger nach Bochum, als Menschen Bochum verlassen“, erklärt Stadtsprecherin Meitler.
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Zuzug von Schutzsuchenden ab 2015/16 zeigt sich in der Statistik
Diese Entwicklung stehe „hauptsächlich im Kontext der Zuzüge von Ausländerinnen und Ausländern“, erläutert sie weiter, „nicht zuletzt auch beeinflusst durch das Weltgeschehen in Kriegs- und sonstigen Krisengebieten“. Wie auch in anderen Städten zeigt sich der Zuzug Schutzsuchender aus Kriegsgebieten ab 2015/16, die Fluchtbewegung aus der Ukraine ab 2022 ebenfalls.
Der Zuzug wirkt sich auch auf die Bevölkerungszusammensetzung in Bochum aus: Der Ausländeranteil an den hier Gemeldeten ist von 9,8 Prozent im Jahr 2013 auf 16,7 Prozent Ende 2023 gestiegen. Als Ausländer werden in der Einwohnerstatistik jene Menschen erfasst, die in Bochum gemeldet sind und deren erste Staatsangehörigkeit nicht deutsch ist.
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62.500 Ausländerinnen und Ausländer in Bochum gemeldet
Der Bürgerkrieg in Syrien und die daraus folgende Fluchtbewegung zeigt sich hier deutlich: Rund 11.000 der 62.500 zum Stichtag 31. Dezember 2023 in Bochum gemeldeten Ausländerinnen und Ausländer sind syrische Staatsbürgerinnen und -bürger – die größte Gruppe Nichtdeutscher in Bochum. Dahinter folgen Menschen mit erster Staatsangehörigkeit türkisch (rund 8900). Rund 3900 ukrainische Staatsbürger waren Ende 2023 in Bochum gemeldet.
Neben den Ausländern gibt es noch einmal die fast genauso große Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund: 63.450 Bochumerinnen und Bochumer zählte die Statistikstelle zum Stichtag 31. Dezember 2023 dazu. Als „Deutsche mit Einwanderungsgeschichte“ werden auch Eingebürgerte, Aussiedlerinnen und Aussiedler sowie Minderjährige, von denen mindestens ein Elternteil eine Einwanderungsgeschichte hat, erfasst.
Prognosen sagen weiteren Bevölkerungszuwachs für Bochum voraus
Und wie geht‘s weiter – oder könnte es weitergehen, bei aller Vorsicht, mit der Prognosen zu genießen sind? „Die Annahmen/Ergebnisse zum ,Bevölkerungsszenario 2035‘ gehen davon aus, dass die Bevölkerung im Vorausberechnungszeitraum wachsen wird“, so Stadtsprecherin Charlotte Meitler. Schätzungen halten demnach rund 377.000 Einwohner im Jahr 2030 und knapp 379.000 Einwohner fünf Jahre später für möglich. Ob es so kommt, wird die Zeit zeigen.
Einwohner-Maximum im Jahr 1975
Den größten Bevölkerungszuwachs hatte die Stadt Bochum in den 1970er-Jahren – und das nicht etwa durch Zuzüge oder Geburten, sondern durch die kommunale Gebietsreform: Als 1975 die vormals unabhängige Stadt Wattenscheid mit Bochum zusammengeschlossen wurde, stieg die Einwohnerzahl von knapp 352.000 (1974) auf fast 435.000 Menschen (1975).
Danach ging es zunächst bergab: Ende der 1980er-Jahre unterschritt die Bevölkerungszahl erstmals wieder die 400.000er-Marke, um nach der Wiedervereinigung noch einmal zu steigen. Ab 1993 begann schließlich ein Bevölkerungsrückgang, der sich erst Mitte der 2010er-Jahre wieder umkehrte.