Bochum. Bei der Verteilung minderjähriger Flüchtlinge, die unbegleitet in NRW ankommen, hat Bochum eine Schlüsselrolle. Hintergründe und Auswirkungen.
Mal sind es nur eine Handvoll junger Menschen, die sich registrieren lassen – zeitweise aber müssen mehrere Hundert gleichzeitig betreut werden. Bochum kommt eine Schlüsselrolle bei der Verteilung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge zu. Von hier aus wird die Verteilung der UmA, der unbegleiteten minderjährigen Ausländer, zentral für NRW koordiniert. Bis geklärt ist, welcher Kommune ein junger Mensch zugewiesen wird, wird er in Bochum untergebracht und betreut.
Die Rolle als Drehkreuz ist eine Herausforderung für die Stadt und die daran beteiligten Träger der Jugendhilfe – bisweilen eine „extreme“, wie Bochums Sozialdezernentin Britta Anger im Herbst 2022 sagte. 230 UmA waren da gerade aufgenommen. Der Höhepunkt war das noch längst nicht. Nach Entspannung in den ersten Monaten 2023 wurden im Oktober bis zu 440 minderjährige Flüchtlinge zeitgleich in Bochum untergebracht.
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Zwei Fachstellen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bochum
Die schwankenden Zahlen erfordern mitunter Improvisation: Zwischenzeitlich wurden die Ankommenden bereits provisorisch in Turnhallen untergebracht. Auch die Jugendherberge wurde schon genutzt, ein ehemaliges Studentenwohnheim, zuletzt auch die frühere Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum-Linden.
Als dauerhafte Anlaufstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bochum gab es bislang nur die Fachstelle „Noah“ an der Stembergstraße; hier ist Platz für 16 Jugendliche. Seit Januar bietet nun auch „Die Brücke“ der Stiftung Overdyck an der Widumestraße bis zu 60 Plätze für UmA. „Wir versuchen hiermit einen dauerhaften Beitrag zu leisten“, sagt Geschäftsführer Stefan Wutzke.
Junge Flüchtlinge, die ohne Eltern hier ankommen, werden in Obhut genommen
„Wir freuen uns, dass die gute Kooperation mit Overdyck auch in diesem Bereich ausgebaut werden kann“, erklärt Christian Papies, Leiter des Bochumer Jugendamtes. „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge brauchen einen besonderen Schutz“, ergänzt Sozialdezernentin Britta Anger. „Deshalb begrüßen wir es sehr, dass eine renommierte Jugendhilfeeinrichtung und bewährte Partnerin wie Overdyck ein weiteres Angebot für diese Zielgruppe schafft.“ Der größte Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kommt derzeit aus Syrien oder Afghanistan.
Und so ist das Prozedere: Wer bei der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) am Gersteinring angibt, noch nicht volljährig und ohne Erziehungsberechtigte unterwegs zu sein, der wird vom Jugendamt der Stadt vorübergehend in Obhut genommen. Dazu wird ein Träger der Jugendhilfe eingeschaltet.
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Verteilung von Bochum aus nach dem „Königsteiner Schlüssel“
Es folgen eine Tuberkuloseuntersuchung und das „behördliche Altersfeststellungsverfahren“ – oftmals haben die Geflüchteten keine Papiere, mit denen sie sich ausweisen können. Wenn glaubhaft ist, dass die Person tatsächlich noch nicht volljährig ist, weise die Landesstelle NRW den Geflüchteten einem anderen Jugendamt zur Aufnahme zu. Grundlage dafür sei der „Königsteiner Schlüssel“, der die Verteilung regelt.
Wohin sie kommen, erführen die Jugendlichen in der Regel erst am Tag der Zuweisung, berichtet Overdyck-Geschäftsführer Stefan Wutzke. Die meisten unbegleiteten Flüchtlinge blieben zwischen sieben Tagen und drei bis vier Wochen in Bochum, sagt er, „selten länger oder kürzer“. Mit der Zuweisung an eine andere Kommune kommen die Jugendlichen dann in klassischen Angeboten der Jugendhilfe unter, also beispielsweise Wohngruppen.