Wattenscheid. Der Führerschein ist so teuer wie nie. Fahrschulen in Bochum haben dafür Erklärungen. Unter anderem sehen sie Defizite bei Jugendlichen.
Noch vor zehn Jahren kostete der Führerschein deutschlandweit im Durchschnitt rund 1200 Euro. Mittlerweile haben sich die Gesamtausgaben für den „Lappen“ mindestens verdoppelt – zum Teil sogar verdreifacht. So müssen die Schüler zwischen 2500 Euro und 3500 Euro für die Fahrerlaubnis einplanen.
Auch in Bochum und Wattenscheid ist das der Fall. Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sehen dafür zwei Hauptgründe: den generellen Anstieg von Betriebskosten und veränderte Voraussetzungen bei den Jugendlichen, die heute den Führerschein machen.
Betriebskosten der Fahrschulen sind deutlich gestiegen
Jasmin Jansen von der "1,2,3 Fahrschule" in Wattenscheid und Mark Bollmann von der Fahrschule Bollmann, die insgesamt vier Standorte in Bochum und Wattenscheid betreibt, sind sich einig: „Die Miete der Schulungsräume, die Energiekosten, Versicherungsbeiträge und Benzinpreise – alles hat sich erhöht. Da müssen wir unsere Preise leider auch nach oben hin anpassen,“ sagt Bollmann. Auch das Personal müsse natürlich entsprechend entlohnt werden, erklärt Jasmin Jansen. Und Mark Bollmann ergänzt: „Alle kämpfen gerade um höhere Bezahlung aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten – da hätten unsere Fahrlehrer natürlich wenig Verständnis, wenn es bei ihnen nicht so wäre.“ Also sei eine Preiserhöhung „leider unumgänglich“.
Schlechtere Koordination – deshalb mehr Automatik-Wagen
Zudem benötigen die Fahrschüler heutzutage aus verschiedenen Gründen auch viel mehr Stunden. „Vor zehn, 20 Jahren brauchte es rund zehn Übungsstunden plus Sonderfahrten“, erinnert sich Jasmin Jansen. „Heute sind wir bei etwa 30 Übungsstunden und den zusätzlichen Sonderfahrten.“ Woran liegt das? „Tatsächlich bemerken wir immer mehr, dass die ständigen Aktivitäten am Handy die körperliche Koordination bei den Schülern stark zum Negativen beeinflusst“, sagt die Fahrschulmitarbeiterin. Darum werde auch häufig nur noch auf Automatik-Wagen geschult.
Prüfungsängste erfordern mehr Übungsstunden in Wattenscheids Fahrschulen
„Allerdings muss ich auch einräumen, dass diejenigen, die bei uns um die 3500 Euro bezahlen, auch noch ganz andere Probleme haben“, gibt Jasmin Jansen zu bedenken. Dazu gehören etwa „Sprach- und Verständnisprobleme“ oder „extreme Prüfungsängste“.
Mark Bollmann sieht noch ein anderes Problem: „Die Jugendlichen werden heute oft in Watte gepackt. Mit dieser ‚Köpfchenstreichel-Mentalität‘ fehlt ihnen oft der Antrieb, sich durchzubeißen. Darum brauchen sie auch länger für den Führerschein“. Zudem fehle oft das Interesse, wie früher die Fahrerlaubnis mit 18 Jahren in den Händen zu halten, bemerkt der Fahrlehrer. „Wieso auch? Sie kommen mit dem Bus oder der Bahn ja überall hin.“
Eltern üben das Fahren nicht mehr mit ihren Kindern
Auch der Usus vergangener Tage, dass Eltern mit ihren Kindern das Fahren üben, sei stark zurückgegangen. „Viele Eltern haben aus Kostengründen selbst kein Auto mehr oder sind so versichert, dass keine weitere Person das Auto fahren darf“, weiß Mark Bollmann. Gerade in den Städten sei dies der Fall.
Und Jasmin Jansen ergänzt: „Die, die ein Auto haben, haben schlicht keine Zeit mehr dafür – die Menschen arbeiten den ganzen Tag.“ Außerdem ist das Üben im Straßenverkehr verboten und Verkehrsübungsplätze seien entweder schlecht zu erreichen oder ein zusätzlicher Kostenfaktor.