Bochum. Seit Corona gehen viel mehr Studierende zur psychologischen Beratung der RUB. Wie einer Studentin (21) Leistungsdruck und Isolation zusetzen.

Leistungsdruck, soziale Isolation und kaum Kontakt zu Kommilitonen: „Ich kenne Menschen aus meinem Studiengang, die daran zerbrochen sind“, sagt Lara Thea, Studentin der Koreanistik und Literaturwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum (RUB). Das Studium unter Corona-Bedingungen habe der 21-Jährigen psychisch zugesetzt. Sie suchte Hilfe bei der Psychologischen Studienberatung der RUB – und ist damit nicht allein.

Laut Christina Kuhlmann von der Psychologischen Studienberatung wenden sich seit Beginn der Pandemie deutlich mehr Studierende an die Beratungsstelle. Der Anstieg an psychischer Belastung zeige sich „sowohl in der Häufigkeit der Anfragen, als auch am wachsenden Leidensdruck der Studierenden“. Vor allem Kontaktbeschränkungen und generelle Planungsunsicherheit durch Corona würden Studierende belasten. Auch fehle es vielen an Tagesstruktur.

Für ihr Studium der Koreanistik ist Lara Thea von Braunschweig nach Bochum gezogen.
Für ihr Studium der Koreanistik ist Lara Thea von Braunschweig nach Bochum gezogen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Studentin: „In den ersten Tagen war ich komplett verloren.“

Ähnliches berichtet auch Lara Thea. Für ihr Studium zog die 21-Jährige aus ihrer Heimatstadt Braunschweig in eine Einzimmerwohnung nach Bochum. Viel Zeit oder Gelegenheit, um Freunde zu finden, sich auf dem Campus zu orientieren und die Stadt kennenzulernen, hatte sie nicht. Viele ihrer Kommilitonen kennt sie nur aus Zoom-Kacheln oder WhatsApp-Gruppen. „In den ersten Tagen war ich komplett verloren.“

Vom typischen Studierendenleben hat die Studentin noch nicht viel mitbekommen: „Ich fühle mich oft, als wäre ich noch in der Schule, wenn man vom Stoff in den Vorlesungen absieht.“ Seit Semester-Beginn im Oktober habe sie viel Online-Unterricht gehabt, die meiste Zeit zu Hause verbracht.

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In den ersten Wochen ihres Studiums sei sie noch regelmäßig im Vorlesungssaal gewesen, danach wurden viele Veranstaltungen wieder auf Online-Lehre umgestellt. Seitdem sei sie nur noch selten auf dem RUB-Campus – zumal ihr der Aufwand oft zu groß sei, eineinhalb Stunden von ihrer Wohnung zur Uni und wieder zurück zu fahren. Gemeinsam mit Kommilitonen nach der Vorlesung zur Mensa oder zum Sport? Das finde nicht statt. Auf einer richtigen Studentenparty sei die 21-Jährige sogar noch nie gewesen.

Viel Online-Lehre – „Ich weiß gar nicht, wie mein Dozent aussieht“

Neben der Tatsache, dass Corona einen aufregenden Studi-Alltag kaum zulässt, erschwere die Pandemie auch inhaltlich und organisatorisch ihr Studium. Manche Dozierenden würden Videos hochladen oder Aufgaben zum Selbststudium aufgeben. Spontane Rückfragen seien da schwierig. „Ich habe Kurse, da habe ich nicht einmal mit dem Dozenten gesprochen. Ich weiß gar nicht, wie mein Dozent aussieht.“

Im Selbststudium ist es für die RUB-Studentin deutlich schwieriger, die Aufgaben richtig einzuteilen.
Im Selbststudium ist es für die RUB-Studentin deutlich schwieriger, die Aufgaben richtig einzuteilen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Die 21-Jährige nimmt wahr, dass es für viele – auch sie – während Corona mehr Aufwand bedeutet, den Inhalt der Vorlesungen aufzuarbeiten und für Klausuren zu lernen. Lerngruppen würden seltener stattfinden. Außerdem könnten sich viele zu Hause schlechter konzentrieren und es sei schwierig, einen Ausgleich zum Lernen zu finden.

Finanzierung des Studiums sei schwieriger

Auch die Finanzierung des Studiums sei für viele ihrer Bekannten schwierig, sagt die Bochumer Studentin. Die klassischen Nebenjobs für Studierende – wie zum Beispiel in der Gastronomie – seien in den Lockdowns weggefallen. Einige Studierende hätten auch danach keinen Job mehr gefunden. Corona-Hilfen oder BAföG würden oft nicht ausreichen.

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Die Koreanistik-Studentin bemerke, dass sie in ihrer Klausurphase, die jetzt ansteht, „extrem überfordert“ ist. Ihr größtes Problem: „Sich selber zu organisieren und nicht alles aufzuschieben, wenn man keinen Uni-Alltag hat.“ Sie könne verstehen, „wenn Studierende daran zerbrechen.“ Das Angebot der Psychologischen Studienberatung sei da hilfreich. Schließlich fehlten vielen Studierenden eine Bezugsperson, mit der sie über Probleme sprechen können. „Und dem Dozenten zu sagen, dass man die Hausaufgabe nicht hinbekommt, weil man überfordert ist, will man ja meistens nicht.“

Corona habe bekannte psychische Probleme verstärkt

Schlicht über die Probleme des Studiums unter Corona-Bedingungen reden – das sei auch eines der Hauptanliegen, mit dem die Studierenden auf die Psychologische Studienberatung der RUB zukämen, sagt Christina Kuhlmann. Ein wichtiges Thema sei auch, wie zugezogene Studierende Kontakte knüpfen können. Dafür biete die Beratungsstelle verschiedene Veranstaltungen an.

Viele Probleme, mit denen Studierende zur Beratungsstelle kommen, seien auch vor der Pandemie schon präsent gewesen: Leistungsdruck, Prüfungsangst, Konzentrationsmangel, Prokrastination zum Beispiel. Corona habe diese Probleme aber verstärkt und bei manchen Studierenden dazu geführt, dass sie ihr Studium abbrechen mussten.

Das kommt für Lara Thea nicht in Frage. Nach der Klausurphase will sie zurück in ihre Heimat nach Braunschweig fahren. Spätestens zum Start des neuen Semesters gehe es aber zurück nach Bochum. „Abbrechen werde ich definitiv nicht“, so die Studentin, „ich kann aber jeden verstehen, der es tut oder erst einmal eine Pause einlegt.“