Bochum. Eine Bochumerin (37) ist fast blind. Ihr Begleithund ist nicht überall erwünscht. In einem Lokal kam es jetzt zum Rausschmiss. Ist das erlaubt?
Für Jennifer Huth ist Martha unverzichtbar, „mein Ein und Alles“. Die Bochumerin ist nahezu blind. Martha, ihr Assistenzhund, ist ihr ständiger Begleiter. Doch der Labrador-Retriever ist nicht überall gern gesehen. „Ständig gibt es Ärger“, klagt Jennifer Huth. So auch kürzlich in einem Bochumer Restaurant. „Ich wurde wegen des Hundes regelrecht rausgeschmissen“, schildert die 37-Jährige. Das darf nicht sein, bekräftigt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband.
Blindenhund unerwünscht: Dabei ist Martha unverzichtbar
Morbus Stargardt heißt die unheilbare Augenerkrankung, unter der Jennifer Huth seit ihrem elften Lebensjahr leidet. Zwei Prozent Sehkraft sind ihr geblieben. Genug für die gelernte Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, um ein weitgehend selbstständiges Leben zu führen. Dabei ist sie jedoch auf Martha angewiesen. „Ein elementares Hilfsmittel“ sei der speziell ausgebildete Vierbeiner, „so wie der Rollstuhl für einen Rollstuhlfahrer“.
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Seit 2016 ist der 25.000 Euro teure Assistenzhund (so die offizielle Bezeichnung) an der Seite der Langendreerin. Immer wieder komme es zu unerfreulichen Auseinandersetzungen, berichtet Jennifer Huth. Im Supermarkt sei ihr mehrfach der Einkauf, in Lokalen die Bewirtung, in Arztpraxen und Kliniken die Behandlung verwehrt worden. „Stets hieß es: ,Hunde sind hier aus hygienischen Gründen verboten.‘‘“
Pächter: „Wir wollen keinen Ärger mit der Stadt“
Damit wurde Jennifer Huth Ende 2023 auch in einem Bochumer Restaurant konfrontiert. Mit zwei Freundinnen wollte sie sich sonntags am Frühstücksbüfett bedienen. Doch so weit kam sie nicht. „Die Chefin fing mich ab und meinte, ich soll mit Martha sofort das Lokal verlassen. Ich erklärte, dass es sich um einen Blindenhund handelt. Das ist ja auch klar erkennbar. Aber das war der Frau egal. Wir mussten raus. Ich war total fertig. Das grenzt an Diskriminierung.“
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Auf WAZ-Anfrage verweisen die Pächter auf ihr Hausrecht. Ihr Restaurant verfüge über eine offene Küche. „Deshalb sind Tiere hier schon seit vielen Jahren verboten. An der Tür hängt ein Schild“, heißt es. Man wolle „keinen Ärger mit der Stadt und anderen Kunden. Das muss doch auch von dieser Kundin akzeptiert werden“.
Verband verweist auf neues Gesetz für Assistenzhunde
Keineswegs, entgegnet Volker Lenk, Sprecher des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV), und verweist auf eine seit Sommer 2023 geltende Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Darin ist auch der Umgang mit Assistenzhunden neu geregelt.
Die Verordnung sieht zwar vor, dass es durch die begleitenden Vierbeiner zu keinen „unverhältnismäßigen Belastungen“ kommen darf. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt aber aus, dass eine derartige Belastung „beim Zutritt zu Lebensmittelgeschäften und Gastronomieeinrichtungen aus hygienischen Gründen regelmäßig nicht in Betracht kommen wird“, erklärt Volker Lenk. Heißt: Jennifer Huth hätte der Zutritt zu dem Lokal mit ihrem Hund nicht verboten werden dürfen.
Bochumerin betont: „Unsere Hunde wissen sich zu benehmen“
„Leider ist die aktuelle Gesetzeslage vielen Menschen nicht bekannt“, sagt Jennifer Huth. Genau das wolle sie mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit ändern, zumal Blindenführhunde aufgrund ihrer exzellenten Erziehung und Disziplin so gut wie nie Probleme machten: „Sie wissen sich zu benehmen, sind friedlich und lieb zu jedermann, genauso wie meine süße Maus.“
An dem besagten Sonntag hat es mit dem Frühstück doch noch geklappt. Jennifer Huth: „Wir sind mit meinen Freundinnen in ein Café gegenüber gegangen. Dort wurden wir herzlich empfangen.“ Ausdrücklich auch Martha.
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